Im Sinnelabor notiert sich Zwerg Antonia folgende Frage. Ganz still und nur für sich: „Wie kommt es, dass die Menschen immer so verwirrt sind?” Tja… Erntge weiß es nicht! Nickt aber sinnstiftend und freut sich heimlich, dass sie grad so gut hinbekommt, alle Freizeit schönsterart zu genießen. Der ganze Sonntag nur für Rekreation.
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Sonntag Rehab.
Sunday, August 11th, 2013Voyage à Nantes.
Sunday, August 4th, 2013Am Schloss fällt zuerst die Aktentasche auf. Gelassen treibt sie auf der dunkelträgen Oberfläche des Burggrabens. Dazu belangloses Gemurmel grauer Herren. Es sind viele und einigen steht das Wasser bis zum Hals. Farbloses Sterben. Der Graue im Rettungsring ist eingeschlafen. Bei 38° wehrt sich keiner. Okay! Am Place Bouffay eine Betonwüste. Umgeben von Stacheldraht. Erntge sieht weder Grünes noch Schönes, nur diese grauen Geschäftsmänner, die sich verzweifelt an ihre Aktentaschen klammern oder sich die schütteren Haare raufen. Sie sehen verloren aus und scheinen keinen Schimmer davon zu haben, wie sie dorthin geraten sind. Sie reden nicht (manche haben gar kein Gehirn), doch hin und wieder hört Erntge ein Grunzen, ein Seufzen oder wie einer entrüstet „Jedoch!“ ruft. ‚Die haben verloren und wissen weder wieso noch was oder wie es weitergehen soll.’ Denkt sich Erntge und radelt an den Fluss.
Auf der Loire treibt ein Boot. Frau, Kind und Pferd winken Erntge zu: „He ho! Dich kennen wir doch.“ Erntge schaut sich um. Ist gemeint. „Du bist schon hier gewesen, wer bist du heute?“ ruft die Frau ans Ufer. Grinsend hebt Erntge die Hand. „Ich bin die, die immer in Kreisen läuft und jetzt bin ich grad in einem ganz guten.“ Die Frau, die keine Haare, aber Bart trägt, gibt dem Kind ein Zeichen und fragt keck: „Welche Farben?“ Erntge fallen tausend lachende Gesichter hinter die Augen. Sie ruft so laut sie kann: „Grün! Gelb und Orange! Ganz viel Hellblau! Und Rot. Dunkelrot!“ Das Kind und die Frau kichern und verabschieden sich: „Du bist gut. Und bald was Komplementäres.“ Erntge ist plötzlich ganz froh. Als sie zum Abschied winkt, ist ihr ganz klar, dass Frauen super sind und dass die im Boot ihrem Kind alle Aktentaschen der Welt austreiben wird.
Choses à ne pas transporter dans une voiture.
Saturday, July 20th, 2013Frankreich ist gut. Alle sind nett. Der Atlantik glitzert und macht Juchzen. Nur Wenige hauen sich an den Felsen unter Wasser den Körper auf. Zelten ist richtig gut, denn es kostet nichts und macht Spass. Dennoch gilt es Einiges zu beachten. Vor allem was den Transport von Dingen im Auto betrifft. Voici une petite liste des choses à ne pas transporter dans une voiture:
= du lait qui a tourné
= une méduse gigantesque
= des algues
= des pêches bien juteuses
= du camembert bien fait
= des moules frites à emporter
= un enfant qui fait ses besoins dans l’auto
= des passagers qui ronflent
= une bouteille de rosé mal fermée
= du bouillon de poule
= Father Noel Furlong
= Father Stone
= un fan tout feu tout flamme de Johnny Halliday
Affektinkontinenz beim Tanzfest.
Friday, July 12th, 2013Erntges Herzfestival. Auf dem Programm: Zerschweig es!, Verfaulte Erdbeeren, Paralyse lost, Akkuschraub’n’Bohr. Eine Kontakttanzcombo trollt sich dazu auf dem Rasen. Klaro überfordert das. Deswegen suchte sich Erntge was andres. Nämlich! (Und es musste ja mal so kommen): Rudolstadt. Was Erntge früher zu world war, kommt jetzt genau richtig. Ein Musik- und Tanzfestival. Kaum zu fassen, dass Erntge sich genau 2 CDs mitgebracht hat. Und zwar eine Soul und eine Country, das gibt’s doch gar nicht! (siehe Affektinkontinenz.)
Dieses Festival ist anders. Für und Wider tanzen fröhlich im Kreis. Hübsch, wenn die Omi nebenan lustig den schickbeschuhten Fuß wippt, während Erntges Schweiß auf ihren hellen Sommerhut tropft. Der Schweiß kommt vom unglaublichen Sound, den Las Kumbia Queers auf der Hauptbühne produzieren. Was für eine Band, was für eine stampfende Meute – und mittdrin in der Staubwolke: das Ömchen mit verdrecktem Sommerhut. Dass das Festival generationenübergreifend ist, merkt man auch daran, dass ab 3 tatsächlich Nachtruhe ist und auf dem feuchtwiesenen Zeltplatz maximal Schnarchen zu hören ist. Kein einziger Bachstelzenbass. Ab sieben krakeeln dafür die Kids nach Mutter- oder Schokomilch, …ausgeschlafen geht das.
Was Erntge nicht wusste: Menschen können auch nach Regeln tanzen. Und freuen sich darüber. Wie Sau!! Erntge hatte große Angst vor dem Folklore- und Traditionsaspekt und fürchtete sich zu Unrecht. Im Tanzzelt ging’s ab und Zydeco rulez, ey. Jedoch! Kackt sich in die Hose, wer die Regeln des Paar- und Kreistanzes nicht kennt: Erntge ward aufgefordert überfordert. Schlimmer noch: schlug aus und kommt nun wohl definitiv in die Hölle wegen akuter Ignoranz. Uaaah.
Das Festival findet auch statt in der Stadt. Auf der schönen Heidecksburg liegt es sich wunderbar unter Bäumen und dem verwöhntem Ohr wird wie nebenbei Großartiges geboten: finnischer Tango mit Bass, Fado, und allerhand Violine, Klavier und rockige Flöte. Ein bisschen Italien träumt sich zwischen Lustgarten und Orangerie und dann noch auf den schmalen steilen Pfaden von der Burg in die Altstadt. Von unten wummern sich dann schon Bauchklang einen zurecht und bringen bereits erhitzte Gemüter zum Kochen.
Und wo waren eigentlich die Freaks? Mhm. Auf der Bühne und im Zelt nebenan. Annamateur schmetterte geistreich, wütend und kraftvoll Lieder und Sprüche gegen ein verdutztes Publikum. Und Bryan, König aller Pilze, kitzelte zum Frühstück sein Banjo. „Wie! Mann! Schreit! In! Wald! Schallt! Es! Her! Raus!“ Wohooo! Den schönsten Moment erlebte Erntge beim dicken Fred ihm sein Drops. Wie spektakulär warm, präzise, unaufdringlich, hoffnungsvoll, leicht, beschwingt, einfach und schöööön! Das ist Erntges Sommersoundtrack, alles steckt dadrin. Am besten dazu am erfrischendsten Ort des Festivals alle Zehen ins Wasser stecken! Das Schwimmbad ist von 1901 und der beste Ort zum Zelten. Das Wasser ist so kalt wie die Saale.
Natürlich war Erntge im Rudel unterwegs und freut sich über die friends.
Es war ungefähr so:
„Heute morgen kein Kontext.“
„Bratwurst ist Konsens.“
„Manche Menschen sehen von hinten anders aus als von vorn.“
„Das ist Bryan. Und ich bin verlobt.“
„Wir sind zufrieden.“
Jetzt, wo Erntge so irrsinnig offen für alles ist, möchte sie unbedingt nächstes Jahr wieder hin nach Rudolstadt. Zu einem Festival, das so ist: friedlich, überraschend und tanzbar. Mit Umsonstduschen und Wasserklosetts und Kirschen: jawoll.
Prinzessinnen und Putzpläne.
Saturday, June 15th, 2013Schön. Nach dem Regen scheint Frau Sonne, als sei nichts gewesen und zaubert einen hellen Abendschmaus im Garten. Liebe Leute finden sich ein und eine echte Prinzessin versucht schließlich die kleine pazifistische Zwergencombo zur Zweck-WG zu überreden. Will ihren Namen partout nicht sagen, auch nicht putzen und schimpft dann noch wie ein Rohrspatz auf die Gala. Dass Blut an ihren Händen klebt, irritiert die Zwerge: sie bleiben weiter unter sich. Und zwar mit Dieter als Frontfrau. Grad als die kühle Feuchtigkeit so Erntges Bein hochklettert, sieht Erntge den Lichtstreif am Horizont und freut sich auf die Nachbarschaft mit einer echten Prinzessin.
„So Sportsfreund.
Tuesday, June 11th, 2013Und nu aber zacki! Neues Leben, los! Wie siehst du überhaupt aus! Wisch dir das ma weg. Und das Ganze bisschen plötzlich!! Und hör endlich auf, das doch lächerlich. Was? Dein bisschen Leben, das passt doch in paar Kisten – und die nimmste mit. So. Schuhe an jetz. Mach!”
Wir juggern uns einen.
Sunday, June 9th, 2013Aha! Endlich mal wieder was Neues. Seit Trends sich mit Internetz im Sekundentakt erneuern, kommt Erntgi gar nicht mehr richtig hinterher. Versucht wild Y-Titty und Pedobär und Slenderman und merkt aber, dass sie keine Ahnung hat, was sich die frühe Jugend von heute so täglich online reinzieht. Na jedenfalls weckte Marc ihm sein Sportfest am Wochenende eine Art Hoffnungsschimmer, die lieben Kleinen morgen im Kreis mit was ganz Steil-Neuem zu beeindrucken! Jugger nämlich! Auf gewisse Details des Spiels (stumpf draufkloppen mit Lanzen und Gutenmorgensternen, röhrendes Kampfgebrüll, Schnellig- und Geschicklichkeit mit Muskelkatergarantie für den nächsten Tag, coole Bezeichnungen der Geräte, Gegner lahmlegen, glorreich gewinnen) könnten sie nämlich ernsthaft abfahren. Vielleicht werden sie Erntge aber wieder nur mitleidig angähnen: „gut und schön, aber digital is eimfach besser.“
Zwischen Skulptur und Tischtennisplatte.
Sunday, June 2nd, 2013Eins der schönsten Ereignisse, die die Hansestadt bietet, ist die Kunstnacht in der östlichen Altstadt. Die verbringt mensch am besten ausschließlich im Garten der Mühlenstraße: kickernd, kichernd und angezwitschert. Aus den Fenstern im ersten Stock spielt dann Puppentheater, neben dem Lagerfeuer eine Kapelle und am Getränkestand bescheißen smarte Knirpse charmant mit dem Wechselgeld. (Auf welchen Traum die wohl sparen?) Die liebsten Gesichter stehen dann zwischen Skulptur und Tischtennisplatte und zusammen erinnert man sich an den einzigen Smash-Hit von Joachim Deutschland, der angeblich grad im Laden nebenan auftritt.
Vorteil Barfuß.
Thursday, May 30th, 2013Erntge ist irgendwie zu naiv. Mit jung hat das nix mehr zu tun. Erntge ist immer so baff! Vor allem im Lehrerzimmer.
Die Eltern, die Erntge so privat kennt, sind tolle Leute. Welche, die nachdenken und offen sind. Zum Beispiel für andere Perspektiven als die eigenen.
Die Eltern, mit denen Erntge so im Lehrerzimmer telefoniert, sind verrückte Leute. Sagen ganz seltsame Sachen in so seltsamen Tonhöhen und Erntge schüttelt dann immer den Kopf. Fragt sich, ob die das grad wirklich ernst meinen. Denken die nach? Wie kriegt man die auf? Haben die wenigstens eine Perspektive? (Ob nun eigen oder nicht?)
Total gut erkannt hat Erntge jetz aber, dass sie sich nicht alle Schuhe ausm Regal vor der Tür anziehen muss. Und schickt ihren Frust barfuß ins Salzhaff.
So rumstumpfen.
Sunday, May 26th, 2013Nach dem dritten Dauerregentag ist das Gras unterm Apfelbaum grüner denn je. Zwei kugelrunde Tauben, die wohl ein talentierter Nachbar pflegt, rollen sich von Regenwurm zu Regenwurm. Die Perlen der Nahrungskette blitzen blank.
Die Zeit mag sich nicht setzen, sie steht. Erntge im Weg. Vergangenes katapultiert sich mit Spitzengeschwindigkeit durchs Innere. Zukünftiges verbeißt sich ins Außen: als zwanghafter Blick nach vorn. Erntges Augen sind ausgeleiert und knittrig. Kommen über die fetten Tauben im Vorgarten nicht hinaus. Später vielleicht.
Jetzt stumpft Erntge so rum. Kein Regenwurm tut ihr leid.