Archive for the ‘gegenwärts.’ Category

Arbeiten.

Tuesday, December 11th, 2012

Erntge kannte mal einen. Der war so originell und gegen alles und der schrieb und malte das alles auf. Die ganzen leuchtenden Gedanken. Zum Anfassen. Am Tag, als er seinen Arbeitsvertrag unterschrieb, legte der lächelnd alle Stifte und Pinsel in eine Schublade und machte die seitdem nicht mehr auf. Erntge hat ihm das vorgeworfen. Heimlich. Kopfschüttelnd, ungehalten, total ungerecht. Und dumm!

Bilderwochen.

Saturday, November 24th, 2012

Es geht natürlich alles viel zu schnell. Bei Erntge bleiben nur Bilderfetzen hängen.

# Im Bus nach Berlin schreien 45 kleine Menschen im Chor „Handy her! Handy her!“ und das immer lauter. Erntges Herz rutscht in die Hose.

# 30 Meter unter der Erde von Saalfeld wird eine Feengrotte zu tolkinesker Musik so ausgeleuchtet, dass direkt vor Erntges Augen Abgründe entstehen, in denen Geisterschiffe parken.

# Um einen Tisch herum mit Kerze sitzt Erntge im Rudel und schaut sich noch einmal an, wie Nanouk oben links von der Hudson Bay 1921 gelebt hat. Dazu machen zwei Ex-Nantaiser Musik, die Erntge ganz weit wegzieht.

# Am Telefon beschimpft ein armes Arschloch Erntge, weil Erntge darüber lacht, dass das arme Arschloch sich weigert, seiner Tochter eine Extrastulle mitzugeben. Als Erntge dann kopfschüttelnd zurück in den Klassenraum kommt, gucken 23 Raufbolde verlegen auf einen zerbrochenen Stuhl, unten liegt die Uhr.

# Vom Hochbett aus deutet Klaus bebrillt stagediving an, wozu Erntgi sich sehr gern wegschmeißt vor Lachen.

Und so isses. Unsortiert, chaotisch, wirr. Erntge sucht nach der Schnur, an der sie die Bilder aufhängen kann. Findet grad nicht die Zeit.

Die Mecklenburger Mauer.

Saturday, November 3rd, 2012

Erntge fragt sich, ob lauthalse Gefühlsbekennungen in der Öffentlichkeit schon immer out waren. Oder nur jetzt grad? Oder nur hier grad? Und erinnert sich an Abende in ferneren Theatern. Wo sich nach der Vorstellung zB. ein französisches Publikum ergriffen in den Armen lag und begeistert in alle Richtungen gratulierte. Bravo! (Manchmal war Erntge dieses Maß an öffentlicher Emotionalität über gewesen, die scheinbare Notwendigkeit des gemeinsamen Erlebens nervte vor allem bei Konzerten, wenn sich die Publikanten dies zwingend durch imtaktes Klatschen vergegenwärtigen mussten.) (Aber ernt gewöhnt sich ja immer an alles.) Und gestern hat es ihr sogar fast ein bisschen gefehlt, kaum zu glauben.

Dies großartige Stück gabs gestern im PWH. Erntge war hin. Vor Verzückung und innerer Regung und Rührung und überhaupt diese ganze Palette, alles da. Den Weg in die wirre Welt von Spuk und Doktor hatten UFONG so beeindruckend liebevoll und detailliert dekoriert, sodass Erntge ihn gern ging und lang genug war er auch, um allen Realitätsscheiß sicher hinter sich zu lassen. Um sich dann voll reinfallen zu lassen, in diese merkwürdige Illusion aus Rohren und Gemüse und Selmas riesengroßen Augen und überhaupt diesen ganzen verrückten Gesichts- und Körperfasching!

Jedenfalls. Als sich die beiden Gesichter auf der Bühne dann wieder entfalteten (dies dauerte etwas) und klar wurde, dass das Stück nun vorbei war, da fühlte Erntge yeah und wohoo und wollte aufstehn und tanzen und war ganz glücklich. Erntge glaubt, dass es auch dem Rest des Publikums so ging. Doch raus aus dem Publikum und raus aus Erntge kam – nix. Ein bisschen Klatschen, ein bisschen lauter. Seliges Grinsen hört man nicht. Alle Aufregung fand innen statt und schaffte es irgendwie nicht raus.

Als dann auch noch direkt Thorsten auf die Bühne stieg und ganz akut über globale Ernährung sprechen wollte, musste Erntge ganz schnell gehen und ganz schnell ganz viel trinken. Auf dem Nachhauseweg erklärte Kim später das Konzept der Mecklenburger Mauer. Die steht in Mecklenburg zwischen Künstler und Publikum und ist so dicht, da kommt keine Gefühlsbekennung durch. Erntge ist ein verwirrter Teil dieser Mauer. Aber bereit alles zu ändern wenn einer mitmacht.

D.I.Y.: Wachsen.

Tuesday, October 30th, 2012

Eigentlich hätte noch Topfschlagen gefehlt. Erntge hat zusammen mit ihren Kollegen zwei Tage lang gebastelt, gespielt, gemalt, geplant, gegessen, gesoffen und dann auch noch Betten geteilt. Sieben herrlich ge-s. Dem achten, das auf schlafen endet, kam Werwolf, Schnaps und Flaschendrehen zuvor. Der Magen flaut trotz Strandgang noch, doch heitert’s aus Erntge, weil sie in der ganzen bunten Spielerei viel Wichtiges gelernt hat und sich bestens aufgehoben fühlt: mit sinnvoller Mission in einem großartigen Kollegium. Klassenfahrt für Große heißt Klausurtagung und all you need is Schmand ist ein Topthema für Kuchen.

Fortschritt.

Tuesday, October 16th, 2012

Rübezahl? Dieser ältere Herr mit Hut? Nä, nich gesehen. Überhaupt. Erntge hat in den Ferien kaum wen gesehen, außerhalb der Saison schläft das Riesengebirge genauso gerecht wie Erntge. Der Gipfel von Potzblitzsnetschkuh ist erst wieder 2014 komfortabel erreichbar und ob nun der Hartalk zu haben war oder nicht, war bei keiner der zuen Berghütten rauszukriegen. Auch gut! Kater mauzte trotzdem zum Fenster rein und das Frühstücksei lachte dazu.

Schon längst ist wieder Schule und die fühlt sich ausgeruht schön an: Groß und Klein (also pupils, Persönlichkeit, Themen, Herbst usw.) schreiten fort, wie immer im fünften Gang, wie immer alles auf einmal …und Erntge gewöhnt sich.

Die Flippers kochen gar nicht.

Friday, September 28th, 2012

Als Erntge in schwarzweiß vor der Urne sitzt und sich weder auf Muttis Magenknurren noch auf die wirren Worte der Pfarrerin konzentrieren kann, fällt ihr auf einmal alles wieder ein: Das Maisfeld am Wald, das Moped am Baum, die Hühner in der Küche, die Ratten in der Scheune und überhaupt Erntges erste große Tierliebe, die größte und wahrste. Erntge hatte Glück auf Käthes Bauernhof. Im Frühling beschützte sie die blinden Katzenjungen vor Käthes Totschlag. Im Sommer verträumte Erntge ganze Tage mit dem weltbesten Hund im Hochsitz. Holte sich im Herbst Ideen für erste Albträume von den Feldern. Und im Winter diesen Geruch, der ihr just in der Kirche wieder in die Nase steigt. Käthe ist tot, sah laut Expertenmeinung “nicht besonders aus”, konnte aber gut kochen. Und mochte die Flippers. Ihre katholische Einsamkeit nimmt sie mit ins Grab, staubig.

Wie viele Köpfe?

Sunday, September 23rd, 2012

Wer weiß schon immer genau, wo einem grad der Kopf steht? Du? Ey, dann unbedingt mal Erntge briefen! Die schielt nämlich seit Wochen genauso verdattert wie das vierohrige Schwein auf dem Bild in Richtung endlich Ferien. Die sind sowas von Zeit und angebracht, dass Erntge ganz vergessen hat, wo ihr der Kopf steht. Und wie viele sie eigentlich braucht für die kantigen Realitätsbrocken, die ihr seit geraumer Zeit um den einen hageln, von dem sie ganz sicher weiß, dass es ihn gibt. In dem jedenfalls hat sich das Ferienmotto festgetackert. Das ist letzte Woche vom Hinterkopf in den Vorderkopf umgezogen und urselt da freundlich vor sich hin und stellt alles andere in den nasskalten Herbstschatten. Es lautet: Saufen und Sauna! Und der Countdown läuft.

Nein is blöd.

Tuesday, September 4th, 2012


In der Zeit, als Erntge noch Bewerbungen baute, für Leute, die diese niemals lasen, hatte sie Annas Spruch getröstet: „Jedes Nein ist auch ein Ja für die Zukunft!“ – gelacht hatten dann Anna und Erntge und ein Glück is der ganze Scheiß vorbei.

Als Erntge nun am Wochenende auf der Hochzeit das Walfischballett mittanzte, grad als Krongold in der Abendsonne fischelfengleich übers Wasser schwob, da fiel Erntge auf, dass sie sehr glücklich war über Anlass und Motto der Party: Ja! – Ganz einfach, kein Schnickschnack und überhaupt totale nowness. Ja!

Das doofe Nein nämlich einfach mal stehen lassen, erst gar nicht mehr einbinden in den Kontext, machen! „Darf’s heut etwas mehr sein?“ –„ Ja!“ Bei so einem Partymotto kommen viele feuchte Stirnen, Augen und Hände zustande und berauscht fühlt es sich an wie im Film, wenn den ausgelassen lachenden Stars immer so die Schweißtropfen von der Stirn zeitlupen, wenn alles so wahnsinnig einmalig erscheint.

Ja also! Zu Zukunft, Tanz und Hanne Haller.

Digital wär besser.

Saturday, August 25th, 2012

„Ich mach jetzt wieder mehr analog“, steht auf der Postkarte. Am Küchentisch grinst Erntge und macht sich klar, dass digital ja nun schon länger hinter ihr liegt. Das waren noch Zeiten. Digital hat unglaubliche Vorteile. Allein Zwischenspeichern. Korrigieren. Wegschmeißen in den Papierkorb. Wiederaufnehmen nach Pause. Überhaupt das Ganze als Prozess. Großartig! Und was nicht hinhaut, wird steuerungaltentfernt.

Ein Königreich für ESC im Schulalltag! Der is aber analog. Und analog is grad schwer. Wenn Erntge könnte, würde sie den Moment steuerungaltentfernen, als sie mitgenickt hat, ohne noch mal nachzufragen. Jetzt soll sie über Abschiebungen entscheiden. Von Kids, die, egal ob nach hinten oder nach vorne geguckt, nur Bittergrütze umgibt.

Der Schulalltag wäre digital auf jeden Fall entspannter: 23 mails gleichzeitig im Posteingang ist definitiv anders als 23 Halbgroße, die gleichzeitig an Erntge zerbeln und ziehen und immer so laut. Und wieso stolpern kleine Menschen eigentlich die ganze Zeit, verdrehen sich Knie und prellen sich Hüften? Beim digitalen Ballern am Rechner passiert so was sicher seltener …

Fachgeschäft für Fellverlängerung? Shampoo?

Sunday, August 19th, 2012

Den Schulalltag kann man übrigens gar nicht streicheln! In Sekundenschnelle speikt sich sein flauschiges Fell auf zum spitzgedornten Panzer. Mit mehr als 1000 Möglichkeiten, sich derb dran wehzutun. Der Schulalltag ist überhaupt ein sehr seltsames Tier: kann gleichzeitig mit dem Schwanz wedeln und die Zähne fletschen. Von fern so niedlich und zutraulich, dichte bei so unberechenbar und unstet.

Erntge hat sich die Woche doll wehgetan am Wechselfell des Wandeltiers und hat sich drei Sachen überlegt, wie sie das nun vermeiden will. Erntge muss sich klarmachen, dass sie kein Kind an seinen bescheuerten Eltern vorbeiretten kann. Erntge muss sich abgewöhnen anzunehmen, sie könne überhaupt Kinder retten. Erntge braucht dringend ein gutes Fellwachstumshampoo oder so. Ihrs muss noch dicker werden.