Die Mecklenburger Mauer.

Erntge fragt sich, ob lauthalse Gefühlsbekennungen in der Öffentlichkeit schon immer out waren. Oder nur jetzt grad? Oder nur hier grad? Und erinnert sich an Abende in ferneren Theatern. Wo sich nach der Vorstellung zB. ein französisches Publikum ergriffen in den Armen lag und begeistert in alle Richtungen gratulierte. Bravo! (Manchmal war Erntge dieses Maß an öffentlicher Emotionalität über gewesen, die scheinbare Notwendigkeit des gemeinsamen Erlebens nervte vor allem bei Konzerten, wenn sich die Publikanten dies zwingend durch imtaktes Klatschen vergegenwärtigen mussten.) (Aber ernt gewöhnt sich ja immer an alles.) Und gestern hat es ihr sogar fast ein bisschen gefehlt, kaum zu glauben.

Dies großartige Stück gabs gestern im PWH. Erntge war hin. Vor Verzückung und innerer Regung und Rührung und überhaupt diese ganze Palette, alles da. Den Weg in die wirre Welt von Spuk und Doktor hatten UFONG so beeindruckend liebevoll und detailliert dekoriert, sodass Erntge ihn gern ging und lang genug war er auch, um allen Realitätsscheiß sicher hinter sich zu lassen. Um sich dann voll reinfallen zu lassen, in diese merkwürdige Illusion aus Rohren und Gemüse und Selmas riesengroßen Augen und überhaupt diesen ganzen verrückten Gesichts- und Körperfasching!

Jedenfalls. Als sich die beiden Gesichter auf der Bühne dann wieder entfalteten (dies dauerte etwas) und klar wurde, dass das Stück nun vorbei war, da fühlte Erntge yeah und wohoo und wollte aufstehn und tanzen und war ganz glücklich. Erntge glaubt, dass es auch dem Rest des Publikums so ging. Doch raus aus dem Publikum und raus aus Erntge kam – nix. Ein bisschen Klatschen, ein bisschen lauter. Seliges Grinsen hört man nicht. Alle Aufregung fand innen statt und schaffte es irgendwie nicht raus.

Als dann auch noch direkt Thorsten auf die Bühne stieg und ganz akut über globale Ernährung sprechen wollte, musste Erntge ganz schnell gehen und ganz schnell ganz viel trinken. Auf dem Nachhauseweg erklärte Kim später das Konzept der Mecklenburger Mauer. Die steht in Mecklenburg zwischen Künstler und Publikum und ist so dicht, da kommt keine Gefühlsbekennung durch. Erntge ist ein verwirrter Teil dieser Mauer. Aber bereit alles zu ändern wenn einer mitmacht.

2 Responses to “Die Mecklenburger Mauer.”

  1. Suse says:

    Liebes Erntge-Tier, darum hab ich dich schon immer beneidet: Diese Emotionalität und das scheinbare Verständnis für sich mir nich erschließen wollende Kunst (z.B. Theater). Nun, ich stamme ja aus MeckPomm und die Erklärung für meine Gefühlswelt haste ja quasi gleich mitgeliefert. Aber wie kommt es zu deiner Andersartigkeit? War das schon immer so? War das Francophilisierung? Kann man das erlernen/sich aneignen? *auchwill*

    • erntge says:

      liebe suse: scheinbares verständnis, genau!
      ich glaub einige leute geben sich eben gerne illusionen hin, finden die schöner als die schnöde realität. das erntgetier zählt un-be-dingt zu dieser gattung, auf jeden fall. ob die illusionen nu per musi oder kino oder tanztheater kommen… is eigentlich latte. erntge zumindest.

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