Kein Netz, kein Plan, keine Technik.

Im Dunkeln tappte Erntge. Mit Mühe hörte sie die letzten Tropfen Rum trocknen. Krr zsss. Das Fass hatte der Mann mit den Schlipsen gestern früh in den Raum gerollt. Sein Zeigefinger hatte mitgeteilt, es sei dringend nötig und dass sich irrte, wer annahm, das Tier sei zu zähmen. Lachend war er dann aus dem Raum gestolpert und hatte Erntge verbannt: für drei Tage Einsamkeit mit dem widerspenstigen Tier. Ohne dies kein Weiter hatte von außen über der Eingangstür gestanden. Seitdem trugen Erntges Nackenhaare Igel.

Das Tier zögerte nicht. Mit einem Sprung von schwindelerregender Präzision landete es direkt neben Erntge und rammte seine spitzen Krallen in ihre Oberschenkel. Als Blutspritzer von der nackten Wand tropften, grölte das Tier scheppernd und zeigte seine schneidigen Zähne, die scharf waren wie kleine Harakiri-Schwerter. Der Blick des Tieres war so bohrend, dass sich Erntge anschließend in das Rumfass legen musste.

Den zweiten Tag erlebte Erntge volltrunken. Das Tier spie ihr eine messerwetzende Armee aus Zahlen und Formeln vor die Füße, krallte sich daraus einige Formelgeneräle und schleuderte diese mit voller Wucht gegen Erntges Kopf. Es dumpfte derb. Wie ferngesteuerte Maschinen kämpften sie sich ihren Weg mit Macheten durch Erntges Gehörgang bis hin zur Paukenhöhle, wo sie nur innehielten, um ausgesonderte rumänische Zahnarztbohrer in die hinteren Wände zu rammen. Erntge stöhnte. Lallte. Speichelfäden suchten vergeblich, eine Verbindung zwischen ihr und dem Erdboden herzustellen.

Am dritten Tag, grad als Erntge verzweifelnd erkannte, dass sie in einer Lache aus Elend saß und eine rostige Eisenkette um den Hals schleppte, klopfte es an der Tür. Der Mann mit den Schlipsen grüßte, pfiff scharf und legte dem Tier, das schwanzwedelnd geiferte, eine Leine an. Gemeinsam spazierten Mann und Tier aus dem Dunkel in den Tag. Auf dem Halsband stand in Goldbuchstaben der Name des Tieres: Netzplantechnik.

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