Rosalie! Blum!

January 22nd, 2013


Dank Schniefnase hatte Erntge: Zeit! Für Couch und Buch. Und das liebt Erntge! Das und Rosalie Blum. Und wieso! Also vor allem wegen Vincent. Wegen seiner crazy mother, die auch fucker ist. Und wegen den 4,5 kg Schwermut in den naiven Zeichnungen. Und überhaupt, weil wir uns der Hauptfigur, nachdem das Buch schließlich benannt ist, klandestin-voyeuristisch nähern… auf-re-gend!

Wir sehen Rosalie beim Torkeln aus der Kneipe, beim Spazieren durchs Industriegebiet, im Regen auf der Parkbank. Wir erfahren, was ihr Müll enthält, fragen uns kurz, ob Rosalie etwa keinen Kaffee trinkt und verstehen Vincents Obsession für diese Frau immer besser.

Woher kennen sich die beiden? Warum ist Rosalie so schrecklich traurig? Wer zur Hölle ist Thomas? Wann dreht Vincents Alte durch? Kommt es tatsächlich zum Treffen zwischen Rosalie und Vincent auf dem Friseurstuhl? Harrrrr… Erntges Herz hüpft: Teile 2 und 3 kommen pünktlich zum Wochenende!

Hier gehts zum Blog der Autorin Camille Jourdy.

Zeugma.

January 12th, 2013

Ein Zeugma ist eine besonders schöne rhetorische Figur. Sie ist gleichzeitig ökonomisch und unlogisch, überhaupt total sprachwidrig und mit zuvorkommender Mission: Weil sie sich wie eine Brücke zwischen zwei Ausdrücke zimmert, die sonst nichts miteinander zu tun hätten, kommt dem Zeugma eine essentiell fürsorgliche Rolle zu. Die heißt oft gut und wird immer gutgeheißen. Also auf jeden Fall von Erntge.

Als unterhaltsames Wortspiel ist das Zeugma zur Auflockerung vor allem auch in Gesprächen mit Chefinnen anzubringen, zB. nachdem stirnrunzelnd Arbeitsaufwände bilanziert und entsprechende Alternativen diskutiert wurden. „Also lassen wir den Raum jetzt auf und die Materialschäden zu!” Ha!

Woher nimmt eine Erntge diese Verve? Sie hat sich zwischen den Jahren einfach stereo fremdbesprechen lassen (Englisch, Französisch) und selber femdbesprochen (sowas wie Englisch und Französisch) und ganz viele Geschichten angehört. Vor allem von zwei Verrückten, die sich ihre karachomäßigen Träume mit Karacho erfüllt haben und schon wieder an den nächsten Verwirklichungen bauen. Zwischendurch gab’s viel Kultur, drinnen und draußen und Erntge hatte das fast vergessen, das leichtfüßige Kulturparadies Frankreich. Harrrrr.

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Und nun also 2013. Auf dass es jauchze, juble und Tusch.

Fressnarkose & Stangentanz.

December 27th, 2012

Die Gegenkraft, die Erntge heiß und innig liebt und ohne die Erntge niemals nicht sein möchte, hatte sich im Vorfeld verabschiedet: „Machduma! Wir sehen uns, wenn’s vorbei ist.” Sprach’s und überließ Erntge dem Älteren mit Nerven aus verdorrtem Tau. (Dem knackten zum Jingle Bells-Rhythmus die Knochen.) Und der Allumsorgerin. (Ihr fragender Blick zielte auf die Bedürfnisse der anderen.) Dem herzigen Neffengetier. (Das jedes Malefiz unbarmherzig selbst gewann.) (Und zwar mit links.) Und dann noch dem Brudrigen. (Sein Wesen beneidenswert ignorant.)
Mit jenen futterte sich Erntge tageweise in die Fressnarkose, starr und matt und platt und dumpf. Merkte, dass ihr Saufen ohne Rauchen keinen Spaß mehr machte und mit aber auch nicht. Erntge abonnierte sich ein feministisches Magazin und weiß jetzt, dass Poledance auf bestem Weg zur Olympischen Sportart ist.

Jetzt, im Anschluss, danach also, säuselt Erntge Popsongs gegen eine Orgel, die oben im Gästezimmer steht und nicht staubt. Summertime und so. Erntge freut sich wieder auf was, was höchste Zeit wird: eine Reise.

Valesko Reist-Stetig. (7)

December 20th, 2012


So liebten sich Valesko und Statiska in den Winter:

„Du, ich mag deine neuen Narben nicht. Die frustrieren mich.”
„Die sind vom Zahn der Zeit. Es ist ein gemeines Alltagstier, das mich in die Waden beißt.“
„Das ist so einfallsarm. So saftlos. Und trist.”
„Ja.”
Valesko und Statiska nippten am Glühwein, der längst kalt geworden war. Schüttelten sich. „Sag mal, warum bist du eigentlich nicht Kellner?” Das war wie ein Wunsch, von dem man genau weiß, dass er nie in Erfüllung geht.
„Weil ich mehr kann.”

So liebten sich Valesko und Statiska in den Winter.

(Fortsetzung folgt.)

Arbeiten.

December 11th, 2012

Erntge kannte mal einen. Der war so originell und gegen alles und der schrieb und malte das alles auf. Die ganzen leuchtenden Gedanken. Zum Anfassen. Am Tag, als er seinen Arbeitsvertrag unterschrieb, legte der lächelnd alle Stifte und Pinsel in eine Schublade und machte die seitdem nicht mehr auf. Erntge hat ihm das vorgeworfen. Heimlich. Kopfschüttelnd, ungehalten, total ungerecht. Und dumm!

Bilderwochen.

November 24th, 2012

Es geht natürlich alles viel zu schnell. Bei Erntge bleiben nur Bilderfetzen hängen.

# Im Bus nach Berlin schreien 45 kleine Menschen im Chor „Handy her! Handy her!“ und das immer lauter. Erntges Herz rutscht in die Hose.

# 30 Meter unter der Erde von Saalfeld wird eine Feengrotte zu tolkinesker Musik so ausgeleuchtet, dass direkt vor Erntges Augen Abgründe entstehen, in denen Geisterschiffe parken.

# Um einen Tisch herum mit Kerze sitzt Erntge im Rudel und schaut sich noch einmal an, wie Nanouk oben links von der Hudson Bay 1921 gelebt hat. Dazu machen zwei Ex-Nantaiser Musik, die Erntge ganz weit wegzieht.

# Am Telefon beschimpft ein armes Arschloch Erntge, weil Erntge darüber lacht, dass das arme Arschloch sich weigert, seiner Tochter eine Extrastulle mitzugeben. Als Erntge dann kopfschüttelnd zurück in den Klassenraum kommt, gucken 23 Raufbolde verlegen auf einen zerbrochenen Stuhl, unten liegt die Uhr.

# Vom Hochbett aus deutet Klaus bebrillt stagediving an, wozu Erntgi sich sehr gern wegschmeißt vor Lachen.

Und so isses. Unsortiert, chaotisch, wirr. Erntge sucht nach der Schnur, an der sie die Bilder aufhängen kann. Findet grad nicht die Zeit.

Die Mecklenburger Mauer.

November 3rd, 2012

Erntge fragt sich, ob lauthalse Gefühlsbekennungen in der Öffentlichkeit schon immer out waren. Oder nur jetzt grad? Oder nur hier grad? Und erinnert sich an Abende in ferneren Theatern. Wo sich nach der Vorstellung zB. ein französisches Publikum ergriffen in den Armen lag und begeistert in alle Richtungen gratulierte. Bravo! (Manchmal war Erntge dieses Maß an öffentlicher Emotionalität über gewesen, die scheinbare Notwendigkeit des gemeinsamen Erlebens nervte vor allem bei Konzerten, wenn sich die Publikanten dies zwingend durch imtaktes Klatschen vergegenwärtigen mussten.) (Aber ernt gewöhnt sich ja immer an alles.) Und gestern hat es ihr sogar fast ein bisschen gefehlt, kaum zu glauben.

Dies großartige Stück gabs gestern im PWH. Erntge war hin. Vor Verzückung und innerer Regung und Rührung und überhaupt diese ganze Palette, alles da. Den Weg in die wirre Welt von Spuk und Doktor hatten UFONG so beeindruckend liebevoll und detailliert dekoriert, sodass Erntge ihn gern ging und lang genug war er auch, um allen Realitätsscheiß sicher hinter sich zu lassen. Um sich dann voll reinfallen zu lassen, in diese merkwürdige Illusion aus Rohren und Gemüse und Selmas riesengroßen Augen und überhaupt diesen ganzen verrückten Gesichts- und Körperfasching!

Jedenfalls. Als sich die beiden Gesichter auf der Bühne dann wieder entfalteten (dies dauerte etwas) und klar wurde, dass das Stück nun vorbei war, da fühlte Erntge yeah und wohoo und wollte aufstehn und tanzen und war ganz glücklich. Erntge glaubt, dass es auch dem Rest des Publikums so ging. Doch raus aus dem Publikum und raus aus Erntge kam – nix. Ein bisschen Klatschen, ein bisschen lauter. Seliges Grinsen hört man nicht. Alle Aufregung fand innen statt und schaffte es irgendwie nicht raus.

Als dann auch noch direkt Thorsten auf die Bühne stieg und ganz akut über globale Ernährung sprechen wollte, musste Erntge ganz schnell gehen und ganz schnell ganz viel trinken. Auf dem Nachhauseweg erklärte Kim später das Konzept der Mecklenburger Mauer. Die steht in Mecklenburg zwischen Künstler und Publikum und ist so dicht, da kommt keine Gefühlsbekennung durch. Erntge ist ein verwirrter Teil dieser Mauer. Aber bereit alles zu ändern wenn einer mitmacht.

D.I.Y.: Wachsen.

October 30th, 2012

Eigentlich hätte noch Topfschlagen gefehlt. Erntge hat zusammen mit ihren Kollegen zwei Tage lang gebastelt, gespielt, gemalt, geplant, gegessen, gesoffen und dann auch noch Betten geteilt. Sieben herrlich ge-s. Dem achten, das auf schlafen endet, kam Werwolf, Schnaps und Flaschendrehen zuvor. Der Magen flaut trotz Strandgang noch, doch heitert’s aus Erntge, weil sie in der ganzen bunten Spielerei viel Wichtiges gelernt hat und sich bestens aufgehoben fühlt: mit sinnvoller Mission in einem großartigen Kollegium. Klassenfahrt für Große heißt Klausurtagung und all you need is Schmand ist ein Topthema für Kuchen.

Fortschritt.

October 16th, 2012

Rübezahl? Dieser ältere Herr mit Hut? Nä, nich gesehen. Überhaupt. Erntge hat in den Ferien kaum wen gesehen, außerhalb der Saison schläft das Riesengebirge genauso gerecht wie Erntge. Der Gipfel von Potzblitzsnetschkuh ist erst wieder 2014 komfortabel erreichbar und ob nun der Hartalk zu haben war oder nicht, war bei keiner der zuen Berghütten rauszukriegen. Auch gut! Kater mauzte trotzdem zum Fenster rein und das Frühstücksei lachte dazu.

Schon längst ist wieder Schule und die fühlt sich ausgeruht schön an: Groß und Klein (also pupils, Persönlichkeit, Themen, Herbst usw.) schreiten fort, wie immer im fünften Gang, wie immer alles auf einmal …und Erntge gewöhnt sich.

Die Flippers kochen gar nicht.

September 28th, 2012

Als Erntge in schwarzweiß vor der Urne sitzt und sich weder auf Muttis Magenknurren noch auf die wirren Worte der Pfarrerin konzentrieren kann, fällt ihr auf einmal alles wieder ein: Das Maisfeld am Wald, das Moped am Baum, die Hühner in der Küche, die Ratten in der Scheune und überhaupt Erntges erste große Tierliebe, die größte und wahrste. Erntge hatte Glück auf Käthes Bauernhof. Im Frühling beschützte sie die blinden Katzenjungen vor Käthes Totschlag. Im Sommer verträumte Erntge ganze Tage mit dem weltbesten Hund im Hochsitz. Holte sich im Herbst Ideen für erste Albträume von den Feldern. Und im Winter diesen Geruch, der ihr just in der Kirche wieder in die Nase steigt. Käthe ist tot, sah laut Expertenmeinung “nicht besonders aus”, konnte aber gut kochen. Und mochte die Flippers. Ihre katholische Einsamkeit nimmt sie mit ins Grab, staubig.