Erntgi ist stolz wie Bolle. Grinst über alle Backen und zwar breit. Und wieso? Erntgi hat den biestigsten aller Hunde gezähmt! Den garstigen Schweinehund nämlich, den inneren. Und das ging so:
Auf die schöne Insel Providencia flogen der Schnuck und das Ernt. Wegen Paradies und so. Wegen mitten im Atlantik und so. Na Ihr wisst schon. Jedenfalls war Felipes Dive-center gleich nebenan. Und Rudi, die herzigste aller Hundedamen, wedelte uns dermaßen heiter willkommen, dass wir wenige Minuten Bla und Aha später im Boot saßen – und zwar in voller Tauchmontur. Alex zählte bis drei und zack! Seesterne auf weißem Sandboden und Korallen in kristallklarem Türkiswasser. Eine ganz neue Welt tat sich da auf an Alex’ massiver Hand. Wieder an der Wasseroberfläche, juchzten Ernt und Schnuck laut und dann ging irgendwie alles ganz schnell.
Felipe erzählte plötzlich was von bars, Atmosphären, Dekompression und malte Luftballons ans Whiteboard. Und kaum versah sich das Ernt, stand es voll montiert mit den anderen unter Wasser und sollte die Taucherbrille auf- und absetzen und so wie zum Spaß ab und zu auf den Sauerstoffschlauch verzichten. Hä? Was? Moment. “No, no, Erntgi can’t!” Plattität, Sauerstoffmangel, der leere ausgezerrte Korpus und die Tonnen Salzwasser in Auge, Mund und Nase knockten Erntgi aus. Gab auf und heulte überraschend dicke Krokodilstränen an Felipes Schulter. Ei….
Aber Felipe, dieser Typ, steht lässig da und grinst Erntgi nur ins zerknautschte Gesicht: “Take it easy, man. You can do it. I know! Come on.” Und Erntgi: “Ey no, I can’t. This is too scary. I can’t.” Und Felipe: “But why?” Und Erntgi: “I can’t do it. I’m tired. I can’t.” Und Felipe, grinst und knufft: “Oh come on, take it easy. Let me show you that you can.” … na was soll ein Ernt denn dazu sagen? So entwaffnend-fröhliche Hilfsangebote vom Profi…. genau, noch schwächer wird’s Ernt und versucht nochmal.
Die Nachhilfe hilft. Ey, Brille auf und ab unter Wasser: kein Problem, Alter. Und hier, Atemdingens raus und rein: lässig! (Musste nämlich vorher reinpusten und denn erst atmen, damit die ganze Salzbrühe ausm Mund rauskommt nämlich!) (Is eigentlich aber auch logisch…) Jedenfalls gabs große Congratz und Knuddeleien unter Wasser und Erntgi war wieder auf zack.
Tags drauf allerdings prischt doch der gemeine Schweinehund auf das arme Ernt los! Kläfft und fletscht seine Zähne grad als Erntge fertig anmontiert hintenüber aus dem Boot gekippt ist! Wolkenkratzerhohe Wellen geifert das biestige Vieh und umzingelt Erntge mit scharfem Wind, der aus allen Richtungen kommt. Hilfe!! Erntge hat Panik. Wo ist oben, wo ist unten? Salzwasser statt Sauerstoff, wildes Armgefuchtel, Japsen, Krächzen, Fluchtreflex. Und tauchen muss nämlich auch nicht jedermenschs Ding sein! Das kann einigen ruhig ne Nummer zu groß sein, z.B. Erntge. “Felipe, I can’t, I can’t! I need to go back to the boat!” Soweit klar. – Felipe nicht. So als würde der gar nicht merken, wie schlimm es um Erntge steht, hält er sie einfach fest und schaut ihr in die Augen. “Look down. Look under water!” Ja hier was jetz, nix look down, Erntgi muss wieder ins Boot! Fassungslosigkeit! Der Rastaman scheint das nicht zu verstehen. Erntgi versteht auch nix mehr, kriegt an der stürmisch-schaukelnden Wasseroberfläche nix zu fassen, auch keinen Gedanken, also…. schaut sie irgendwann wie geheißen nach unten.
Und sieht zweidrei Fischis. Und das Korallenriff. Felipe, dieser Krasskotyp, hat inzwischen angefangen, die Luft aus Erntgis Weste zu lassen. Erntgi sinkt ein Stück hinab. Möchte zetern und fluchen – geht aber nicht. Felipe hält Erntgi fest und die kriegt sich langsam aber tatsächlich ein. Atmet ruhiger und lässt Meter für Meter Druck ab. Und formt ja dann doch mit Daumen und Zeigefinger das O für “alles o.k., kann losgehen.” Richtig genießen kann Erntge ihren zweiten Tauchgang aber nicht: ausgekühlt durch die ganze Aufregung, nimmt sie nur Umrisse der Unterwasserwelt wahr und ist heilfroh, als sie 35′ später wieder im Boot und weitere 20′ später wieder am Strand unter Palmen sitzt. So Schluss, reicht. Als die anderen sich zum nächsten Tauchgang aufmachen, bleibt Erntge allein zurück.
Von der Hängematte aus beobachtet sie zähneknirschend den garstigen Schweinehund, der sich drüben überheblich in der Sonne aalt und Cocktails auf Erntgis Rechnung schlürft. Pah! Bratzige Töle. Marieluis gesellt sich zu Erntge und lächelt liebe Worte. Rudi legt sich unter die Hängematte und wedelt friedlich Heiterkeit. Zurück vom Tauchgang kommt auch Schnuck, der herzt und scherzt und berichtet, was er alles gesehen hat. Und dann auch Felipe, der erklärt, warum alles grad so schrecklich war. Er tippt in Richtung Schweinehund und verrät, dass gerade der ein äußerst erbärmliches Tier sei, das man in seinen lächerlichen Arsch treten sollte. Erntge hört sich alles an und nimmt sich Zeit.
Am nächsten Morgen weiß Erntgi, dass sie es dem Arsch von erbärmlichen Schweinehund zeigen will. Und kann. Dass alle um sie rum auch daran glauben, macht Erntgi noch mutiger. Also los. Erntgi can do it! Ab ins Boot, reinoperiert in die Ausrüstung und los! Nach unten gucken, nicht in die Wellen und lalala, every little thing’s gonna be alright. Unter der Wasseroberfläche hört Ernte kurz den garstigen Schweinehund knurren, konzentriert sich aber aufs Atmen und den Druckausgleich. Und was soll ich Euch sagen? Belohnt wird’s Erntmaschin!! Ein Unterwassergebirge!! Am Korallengebirge wohnen eine Million Fischis!! Alle Farben! In Schwärmen grüßen sie. Und Wasserpflanzen tanzen. Hell und friedlich ist es und endlich nimmt Erntgi entspannt wahr. Jim tippt sie an und zeigt in die Tiefe. Umglaubllich, da unten zieht ein 2m Hai wie ein König seine Bahn. Erntgi hat keine Angst. Eine Euphorie klingelt sich durch ihre Blutbahn, dass es nur so scheppert. Alter, ein Hai!!! Sooooooo groß! Unter engen Felsvorsprüngen taucht Erntge durch und kann sich gar nicht sattsehen. Unglaublich! Bei Felipe’s Place steht urplötzlich eine gigantische Jesusstatue auf dem Meeresgrund. Es ist surreal. Und 3D, denn tauchen, das merkt Erntgi jetzt, geht in alle Richtungen. Aus purem Vergnügen schüttelt sie dem Jesus die Hand.
Auf dem Boot plappern danach alle wild durcheinander: der Hai! Der aufblasbare Kugelfisch! Der Hai verdammt! Die Statue ey. Der nurse shark, wie cool der sich erhoben hat und weggeschwommen is, ey. 2,50 war der. Geil.
Erntge hatte es nun jedenfalls erwischt. Ganz am Ende gab es dann eine letzte Zitterpartie bei der praktischen Abschlussprüfung, denn wer tauchen will, muss wenigstens einmal zeigen, dass er alle basics beherrscht. Mitten im Atlantik zog Erntge also nochmal brav die Taucherbrille an und aus, schmiss ihr Atemdingens weg, um es gleich wieder zu holen, schnallte sich den Gewichtsgurt ab und wieder um, zog sich ihre Weste aus und wieder an, benutzte das Ersatzatemdingens von jemand anders, teilte ihr Atemdingens mit jemand und zog den nach oben, versuchte, durch Ein- und Ausatmen lang ausgestreckt und im Schneidersitz hoch unter runter zu schweben und übte den E-Fall, den Notaufstieg. Alles tutti, Leute! Die bestandene Prüfung wurde ordentlich gefeiert.
Den bescheuerten Schweinehund hat Erntge seitdem nicht wieder gesehen. Aber n Tauchschein hatse jetz! Alter!!