Archive for the ‘gegenwärts.’ Category

Die Kritiker der Kritiker hören Roger Whittaker.

Sunday, October 16th, 2011

Manche Zitate sind wie die Stroke.Artfair 2011. Dies zum Beispiel. Erntge weiß gar nicht, von wem es ist und was es bedeutet. Sie schiebt es leichtfüßig ihrer Feundin Anna in die Schuhe und freut sich über die vielfältigen Deutungsmöglichkeiten. Bei der Stroke.Artfair ist es auch ein bisschen so. Autorenschaften sind nicht wichtig (es sind auch einfach zu viele und ihre vertaggten Namen entziffern eh nur die Profis) – und wie beim Zitat oben schlägt Erntges Herz für die einladenden Impulse zur Erschließung des Inhalts, bei der Kunstmesse sind die allesamt visuell.

Die Stroke.Artfair ist eine hippe urban art Messe, die dieses Wochenende am und im Postbahnhof stattfand und sich selbst in der Vermittlerrolle zur „Kunst für das 21. Jahrhundert“ sieht. Während die Institution Museum als elitäres Trophäen-Kabinett abgelehnt wird (hat Banksy gesagt, muss also stimmen), steht der erlebnisorientierte Umgang mit Kunst im Vordergrund: Fragen können direkt am Objekt geklärt werden, weil die Kreativkreatoren mit ihren Macbooks direkt daneben sitzen; der Blick über die schaffende Künstlerschulter ist drinnen und draußen möglich; das Publikum darf selbst Kassetten bemalen und puzzlen.


Warum Erntge trotzdem nicht aufs Museum verzichten möchte? Weil es dort keine Werbung gibt. Das nervige Lifestyle-Gedöns der Stroke.Artfair macht sie nämlich auch irgendwie unglaubwürdig. Keine Ahnung, was der mittelmäßige Kleidungshersteller mit Kunst zu tun hat und warum die Messe an eine Städtetour eines Automobilherstellers gekoppelt sein muss. Wenn die Message sein soll, dass „Kunst im 21. Jahrhundert“ nicht ohne Marken und Marketing geht, dann sollte nicht „Leidenschaft und Hingabe“ vor dem „betriebswirtschafliche[m] [R]echnen und [K]alkulieren“ gelobpreist werden. Das ist sonst nämlich Heuchelei. Und die mag nicht mal Roger Whittaker. Und als Kunstpfeifer ist der schließlich irgendwie Experte.

Architecture in Helsinki.

Thursday, October 13th, 2011


Yeah, yeah und nochmals yeah. Yea-heah!! Brrrrrring! Jipiiiiiii. Kawommmmm! Klonk! Klingeling. Klingelingeling! Schepper. Juhuuuu! Baunz. Klirrrrrrr. Manche Leute müssen einfach auf Bühnen. Und wenn die dann drauf stehn, sollte man davor tanzen. Auf die 80er scheißen und tanzen. Hände in die Luft und ab. Kann sein, dass Erntge grad sehr glücklich ist.

Anne Clark rettet einen verfirlefanzten Abend.

Tuesday, October 11th, 2011

Wer greift schon gern ins Klo. Erntge wird jetzt ganz sicher keinen Haarspalter fragen und auch potentielle Zielgruppen mit Fetisch, Rausch oder geistiger Umnachtung schön außen vorlassen. Wobei… um Rausch sollte es ja irgendwie gehen, gestern in der Volksbühne.

Ach, Volksbühne. Von dir hat Erntge so viel erwartet, so einiges reinprojiziert in dich. Und nun: Enttäuschung, Frustration und der heiße Wunsch, Erwartungen für immer und ewig abzuschaffen. Denn wenn das da gestern auf der Bühne im großen Haus künstliche Paradiese sein sollten, dann möchte Erntge lieber in der Hölle sein, ob nun künstlich oder nich, ob analog oder digital, auf jeden Fall NIEMALS wieder festgetackert am Polstermöbel, wenn Tarwater auf der Bühne in Endlosschleife „The hours“ … na jedenfalls nicht singt. Und irgendwer sollte auch dringend Mariahilff helfen. Egal wer, bloß möglichst bald. Das hält einfach kein Mensch aus. Lars Rudolf, mach Film, mach Serie, spiel ruhig Trompete… aber bitte, bitte, bitte sing nicht mehr öffentlich.

Und was hatte das alles eigentlich mit Baudelaire zu tun? Da hat dieser Kai Grehn ein scheinbar sehr feines Hörspiel gemacht, ausgehend von Baudelaires Essay „Die künstlichen Paradiese“ (Les paradis artificiels, 1860). Baudelaire beschreibt darin den Zusammenhang zwischen Drogenkonsum und kreativem Schaffen (erster Teil Haschisch, zweiter Teil Opium). Ins Zentrum des Hörspiels packt nun Grehn Baudelaires Gedicht „Berauschet Euch!“ (Enivrez vous!) und bittet ausgesuchte internationale Künstler um eine musikalische Interpretation. Darunter auch Jeanne Moreau, Sandow, Nouvelle Vague und Anne Clark. Tolle Leute, tolles Thema, das funzt.

Aber nicht auf der Volksbühne. Da wirkt Alexander Fehling (nein, der sieht überhaupt nicht aus wie Baudelaire) grün und aufgeregt, da nervt Mariahilff und ist überhaupt nicht lustig, da schnarcht sich Tarwater in die Endlosschleife. Zwischendurch wird die Bühne umgebaut und es werden lieblos Bilder Baudelaires auf die Leinwand projiziert und Ausschnitte seines Essays abgespielt. Ohne Zusammenhang und sinnfrei. Natürlich lässt sich das kaum ein Zuschauer gefallen: es wird gezuckt, gerückt, gerüttelt, umhergestiegen – es ist nicht schön und allen klar: das hier ist der ultimative Griff ins Klo. Auch Erntge muss kurz auftauchen und vor der Tür durchatmen. Fühlt sich verraten und peinlich berührt.

Zwei Frauen retten Erntges Abend. Anne neben ihr und Anne auf der Bühne. Ein Hoch auf beide und noch ma eins auf Anne Clark. Ja, die gibs noch und sie sieht toll aus und haut einfach um mit großartig poetisch verdichteten Texten und ihrer unglaublichen Stimme mit krasseckigem Croydon-Akzent. Beides wird an diesem Abend von berauschenden Klaviertönen (Murat Parlak) begleitet. Ein Glück. Für einen erlesenen, edlen Moment lang kommt das Publikum zur Ruhe und himmelt höflich Anne Clark an, auch weil sie nach diesem verhunzten Abend authentisch ist: pur, ungeschminkt, originell und klar. Das entspricht Erntges Paradiesvorstellung: lehnt sich zurück und genießt, wie Sinne und Gedanken endlich tanzen. Das ganze Brimborium davor kommt ihr danach noch peinlicher vor.

Das mit den Nasen.

Saturday, October 8th, 2011


Gestern traf Erntge die schöne Nofretete im Museum und trug ihr Dolphingens tolles Rätselgedicht mitsamt Übersetzungsangebot vor. Nofretete blinzelte Erntge königlich zu und schien überhaupt hoch erfreut über den Besuch. Auf dem Rückweg fiel Erntge auf, dass Nofretetes Zeitgenossen (ob sie nun schritten, standen, schritt-standen, schrieben oder würfelten) auffallend häufig die Nasen fehlten. Abgefallen? Erodiert? Obelix?

Die Antwort gab Erntge eine angenehme Frauenstimme in die Ohren, die sich auch mit Hieroglyphen auskannte. Nämlich! Bei den Ägyptern galt die Nase als Sitz der Seele. Davon gab’s mehrere und „Ka“ war so eine Art Lebenskraft. Wenn nun jemand starb, blieb „Ka“ in der Nähe des Leichnams. (Deswegen auch so aufwendige Totenführsorge: Kanopen, Sarkophage und Mumifizierung.) Die Ägypter glaubten, auch Statuen oder Büsten von Leuten könnten als Behälter für deren Seelen dienen. Wollte also jemand ganz sicher sein, die Seele eines Verstorbenen zu zerstören und ihre Auferstehung für immer und ewig unmöglich zu machen: zack, Nase ab!

Erntge überlegt, dass sich auch ihre eigenen Zeitgenossen, heute, 3400 Jahre später, gegenseitig auf die Nase haun. Oder woandershin und anders. Neverending story düdüdü düdü.

Ein Hauch von Wisper.

Tuesday, October 4th, 2011

Huch, das ist definitiv neu! Erntge kann nicht mehr sprechen. Echt. Hat ihre Stimme verloren, irgendwo letztens zwischen Dampfer und Theater. „Bisschen heiser”, versucht sie erklärend in alle Richtungen, weil’s aber so extrem leise krächzt und nur kurz scheppert, starren die meisten Menschen irritiert und wissen auch nicht so recht.

Das verheerende Ausmaß wird Erntge richtig vorm Berliner Ensemble bewusst: da hat doch nach der Vorstellung irgendein Idiot Erntges Fahrrad so fies zugeparkt, dasses kein Entkommen mehr gibt. Diskussion mit solchem Unhold kann Erntge vergessen, ohne Stimme wird das lächerlich. Aber jetzt Stunden warten auf den Grobian? Nein nein, Erntge erhofft sich Unterstützung von zwei anderen fahrradfahrenden Theaterfreundinnen an der Ecke. Und will die um Hilfe bitten. „Fiep zischel, knarz?”, fragt’s und erhält keine Reaktion. „Hauch? Ha- auch!” – Gut, die Theaterfreundinnen haben Erntge endlich entdeckt und geben sich Mühe mit Verstehen. So gemein ist’s, Erntge weiß schließlich genau was tun! Die eine muss da heben und die andere da ziehen und genau in dem Moment kriegt Erntge da ihr Fahrrad rausgezwirbelt, sieht man doch! Dass die Damen verbal angeleitet werden wollen und Erntge mit großen Augen gleichzeitig mitleidig und irgendwie angewidert angucken, regt Erntge ein bisschen auf. Nerv! Frustration! Keinen polytechnischen Unterricht gehabt, oder was! Raun.

Am Frühstückstisch geht das Trauerspiel weiter. Erntge denkt tausend Dinge und kriegt keins davon kommuniziert. Die WG zeigt sich solidarisch und so wird morgens einfach ma geschwiegen. Auch praktisch: Leute ohne Stimme dürfen in unserer WG einen kostenlosen Übersetzerdienst in Anspruch nehmen. Erntges Hand- und Kopfzeichen werden interpretiert und in die Ohrmuschel weitergegeben. Sehr gut! Trotzdem freut sich Erntge darauf, dass hoffentlich bald alles wieder sei wie vorher. Bis dahin Kommunikation bitte schriftlich.

Wo die Box drauf steht.

Sunday, October 2nd, 2011


Der Schinken, das Blinken, dein Mund./ Der Ringer, der Finger, ein Schlund./ Das Dromedar, dein Heiserßa, mein Grund./ Dein Gurren, mein Surren – gesund.

Neu und kaum zu glauben:

Thursday, September 29th, 2011


Erntge lernt nu doch noch ma Rechnen! Pah! Nach all den Jahren…. Wer Erntge kennt, weiß was das bedeutet. Ob die veranschlagten drei Monate (Vollzeit) ausreichen, weiß kein Mensch. Plusminusmalgeteilt… es bleibt spannend.

Tach Berlin.

Monday, September 26th, 2011


Ankommen ist schwer. Auch Erntge fällt es leichter, sich auf Neues einzulassen, als sich in Altes wieder neu reinzufinden. Schonwaschgang is jedenfalls definitiv over und der wild Wedding grüßte schon kurz hinterm Flughafen mit einem kräftigen Schlag gegen’s Schienbein.

Nach elend langem und spätem Flug stiegen an der ersten Bushaltestelle ungefähr 30 besoffene Herthafans zu. Und Omis mit blutigen Nasen. Bei genauerem Hingucken wurd klar, dass auch die Omis betrunken waren und im Suff hingefallen sein mussten. Die Fans blieben bis zur U-Bahn, wo sie auf die coolen Türkenboys trafen und es nicht versäumten, auch Erntge anzupöbeln. Wedding ist Samstag Nacht einfach nicht zu gebrauchen. Die Spielregeln hatte ernt kurz vergessen.

Gut ist, dass der raue Wind hier tagsüber abflaut und Nischen aufknipst fürs glückliche Sein. Erntge fand ihre sonntägliche im Sonnenschein und atmet tief durch für was jetzt kommt. Akku ist ja nu voll, kann losgehen.

Anziehn, Pfeffitee raus.

Monday, September 5th, 2011

Weil ab heute Herbst ist, war gestern ja letzter (erster?) Sommersonntag. Optimal genutzt hat Erntge den mit lieben Leuten am Wasser und im Boot. Paddeln ging’s auf der Havel bei Potsdam. Heute tut Erntgo alles weh. Daran merkt sie, dass dies Jahr nich richtig Sommer war, sonst hätte sie ja paddelgestählte, vor Muskulatur berstende Oberarme und ein unglaubliches V-Kreuz und denen beiden würde so ein geschmeidiges sonntägliches Gepaddel ja mal überhaupt nichts ausmachen. (Erntge soll sich endlich beruhigen und aufhören, Juni bis August 2011 zu dissen?)

Na jedenfalls war das ganz fantastisch, das Gepaddel, was heut nachschmerzt, weil dies Jahr kein Sommer war. Das Wasser kam Erntge seltsam eigendynamisch schaukelig vor. Erst dachte sie, das läge daran, dass sie aus der Übung war (Ihr wisst schon, war ja dies Jahr nich viel Gelegenheit). Und denn fielen Erntge aber die vielen kleinen und großen Motorboote auf, die viele kleine oder große Wellen machten und zwar in alle Richtungen. Is ja auch klar! Ein Tag vor Herbst, da wollen alle (!) nochmal aufs Wasser. Haben sie auch gemacht und Erntge ja auch. Und schön wars trotzdem, sonne Sonne macht ja auch Spaß.

Jetzt bei Regen, Hagel und Sturm bleibt’s sich wieder schön drinnen, wo Erntge wuselig versucht, zusammen mit drei verrückten Franzosen ein feministisches Musikfestival in Berlin zu organisieren. Hat jemand Geld für uns? Haha, naja. Angesagte Lokationen haben wir schon und die Medienpartnerschaft mit der geliebten Wochenzeitung steht. Mal sehen, was noch kommt. Denn dass was kommt, steht jetzt fest. (Und hier kommt nämlich endlich die Botschaft des wüsten Geschriebs:)

Auf Außenimpulse warten geht okay, kann manchmal aber dauern oder komplett konträr zu angestrebten Zielen verlaufen. Wenn was passieren soll, ist selber machen angesagt. (Das schreibt sich Erntge jetzt dick hinter die Ohren.) (In Spiegelschrift natürlich.)

Mondsurfer.

Sunday, August 28th, 2011


Seit Menschengedenken… nein. Seit vier Wochen lebt Dolphing mit Erntge. Das ist gut. Dolphing rockt profimäßig die Stadt, deshalb sind Nächte wie die gestrige selten. Wir verbrachten sie zusammen im Museum. Weil da nämlich Lange Nacht war und mensch zu eher ungewohnten Uhrzeiten eher ungewohnt wahrnimmt. Und auf eher schnöden Gemälden, wie der „Taufe Christi“ (Jan van Scorel, Nachfolge, um 1540) doch superste Details wie den Mondsurfer sieht. Juhu! Dolphing und Erntge waren jedenfalls stolz wie Bolle, in 8 Stunden drei Museen geschafft zu haben: alte Schinken und junge Drucke im Kulturforum, 100 Jahre deutsche Filmgeschichte in der Kinemathek und dann noch verquollene Schwarz-Weiß Damen im Gropius-Bau. Die Füße tun immer noch weh,  massieren haben wir uns schließlich nicht lassen. Aber wir wissen jetzt, dass man fürs Museum für Film und Fernsehen schwindelfrei sein muss. (Sind wir.)