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Revolution im Heu.

Monday, August 18th, 2014

donatii_fanfest_2014
HA! Zwei haben sich dann doch getraut und wurden in Rumänien drei. Mit Gretbert im Gepäck ging es nach Cluj (nicht Napoca), wo wir zunächst viel Zeit für excessive lazyness und Wiedersehensfreuden mit Konrad auf dem Balkon hatten. Unser eigentliches Ziel war jedoch Rosia Montana. In diesem kleinen Bergdorf (etwa 150km südwestlich von Cluj, per Bus easy in nur 3,5 Stunden zu erreichen), findet seit 10 Jahren das Fanfest statt, ein Protestfest gegen den Goldabbau in der Region. Es ist ein buntes Festival mitten auf dem Berg, umgeben von Wald und Wolken. Den Weg hinauf teilt mensch sich mit Kuh und Hund und ein großes Abenteuer ist der Abstieg nachts mit Stirnlampe im Modder.

wochenende
Wir waren übrigens die ersten! Als wir Montag abend unser Zelt beim Bauern aufgeschlagen hatten, war auf dem Festivalgelände so tote Hose, dass es fast ein bisschen Angst machte. Wir Konsumkinder! Zum Glück war schnell klar, dass es sich ohne Essen und Bier nicht gleich stirbt und wie gut auch, den Aufbau mitzuerleben: täglich hingen mehr Plakate, standen mehr Zelte, wummerten mehr Bässe und juhu: endlich gabs auch Essen und Bier!! So viel gabs zu glotzen, zu dänzen und zu schnattern! Kinokonzerte, Theater (Circus mundi), jede Menge Filme, Vorträge, Workshops und Musik. Wir tummelten uns viel in der Lounge, wo es vor allem Dub und Electro wummerte. Vor der Hauptbühne übten wir vor allem freihändig Sonnenblumenkerne essen.

fan
Wir haben mindestens 24 der anwesenden MusikerInnen kennengelernt. Darunter alle von amfifanfare, eine Balkantruppe aus… Nantes! Klaro war auch einer drunter, der an der Uni Deutsch studierte, so konnten wir nachts im Vollrausch über die alten KollegInnen herziehen und kleine analoge Nachrichten schreiben, die vielleicht bald jemanden in Nantes sehr überraschen werden. 🙂 Es war großartig, endlich wieder Französisch zu sprechen, naja, viel war gelallt, aber trotzdem!

markt

Das mit der Mine ist übrigens gar nicht so einfach. Seit 2000 versucht die Rosia Montana Gold Corporation (RMGC) eine open pit Goldmine zu bauen und holzt dafür den Tansylvanischen Urwald ab (insgesamt 2.388 Hektar). 4 Berge sollen dafür draufgehen und Unmengen an Erzen und Zyanid (250 Mio Tonnen toxischer Abfall) landen so in Wasser und Boden. (Baia Mare lässt grüßen!) 2010 hat das Europäische Parlament die Nutzung von Zyanid in der EU verboten. Die Europäische Komission hält sich aber nicht dran. Hinzu kommt dieses bescheuerte mining law, das Privatunternehmen (und eben nicht dem Rumänischen Staat) erlaubt, Besitzlizenzen zu kaufen. Alles Mist!

antifa

Auf dem zentralen Dorfplatz in Rosia steht genau neben dem Fanfest-Infopoint die einzige Kneipe. Dort sitzen die Dorfalten in Lumpen und trinken ab 10 Palinka. Über der Tür hängt ein Schild. Da steht drauf: “Wir wollen arbeiten”. Die zahnlosen Alten haben diese Hippies satt, die dort jedes Jahr aufschlagen und lärmen: die Mine bedeutet für sie Arbeit und Sicherheit, sie haben Familien zu ernähren. Für Gedanken an Nachhaltigkeit ist in ihren Köpfen kein Platz. Ihre Blicke sprechen Bände, die Zeit des Dialogs scheint vorbei oder war nie da. Ich kann auch kein Rumänisch…

keine_zeit
Großes Herzklopfen gab es dann noch auf dem Rückweg nach Cluj. Es passierte das, was wir so gern vermieden hätten: Gretl und ich landeten in der Pampa: links die schummrige Dorfjugend, rechts die zahnlose Alte, (die unbedingt Blond küssen und grabschen wollte), vorne vorbeipesende Autos, hinten kaputte Hunde. UND DANN die Ansage, dass es heute KEINEN Bus gäbe. Huah! Was hätte Herta Müller getan? O.k., also wieder Daumen hoch und hoffen. Und was soll ich euch sagen: allt tollstens geklappt! Als im nächstgrößeren Ort sogar ein Bus bereitstand, war das wie Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig und hach, eigentlich brauchen wir solche Momente viel häufiger. Sich ernsthaft freuen über das, was uns sonst so selbstverständlich ist.

theater

Sommerfest in Jabelitz.

Monday, July 21st, 2014

scheune1
Zum Sommerfest nach Jabelitz fährt man am besten mit dem Fahrrad. Das direkt vor Ort zu haben ist toll, weil dann der Weg zum Waldsee nur wenige zehn Minuten dauert, kühlt und insbesondere den Geruchssinn anspricht (Wald, Kuh, Kamille aufm Feld).

see
Endlich sind sie also da, die langersehnten Ferien und ihr Auftakt hätte schöner fast nicht sein können. Wiedersehensfreuden genießen, draußen sein, Trendsportarten entwickeln: (z.B. schwimm’n’cut – nach jedem Sprung vom Steg wird am Ufer eine neue Frisur geschnitten), Vokü schlemmen, Trampolin springen, Drumbatz tanzen, Happy Hippies gucken.

Der Blick abends von der Feuerstelle auf die Scheune geht so: Ganz links klopft ein Schmied auf glühendes Rot und sprüht ab und zu Funken. Ganz rechts sitzt nacktes Volk im dampfenden Zuber und gackert zu Bier. Zwischen links und rechts vor der Scheune steht eine Reihe engagierter Leute, die lassen Hula Hoop, Diabolo oder Keulen kreisen. Dazwischen laufen kleine und große Menschen einem weißen Ball hinterher. Links neben der heißen Badewanne steht noch ein Karussell: 5 kleine Schweinchen können per Fahrradpedal angetrieben werden und bieten Sitzplätze auf ihren Rücken. Überall rennen übrigens Hunde rum, manche haben Frisuren.

scheune 1
Die Scheune hat 3 Seiten und ist vorne offen. Auf Heuballen tummeln sich welche, einige pennen, andere erzählen sich was. Reges Treiben auch vor der Bar. Das Biobier is alle, es gibt noch Mate und Astra. Über der Theke gibt’s noch’n Stock. Ratzfatz Treppe hoch und schon erreicht man Sitzmöbel und Polster zum gemütlich oben abhängen. Rechts neben der Kunst (überall Licht, wippende Lampenschirme und Kunst aus Metall), macht sich der DJ bereit und seine Haare sind so rot wie das Laserlicht, das plötzlich über der Feuerstelle angeknipst wird und Farben und Formen auf Bäume und Hauswände schmeißt. Wie der Rauch so bunte Wolken macht, interessiert jetzt sogar die kleine Rasselbande an der Riesenschaukel, die sich bisher von gar nichts, außer ihrem Bauchkribbeln beim Abheben und Landen beeindrucken lassen hat: das sieht sehr gut aus!

karussell
Als dann dieser Typ später ein Riesen-Drumset aufbaut, sich da ran setzt und analog Drum’n’Bass brutzelt, schnallt Erntge endgültig ab. Unfassbar!

3 Görls und 1 Mulmität.

Tuesday, July 15th, 2014

los!
In Rumänien wird auch nicht mehr geklaut als in westeuropäischen Ländern. – Das Trinkwasser ist in Rosia Montana arsenverseucht. – Gibt’s da Zeltplätze? – Kriegen wir uns da zu viert denn weggeträmpt? – Ich hab Angst vor Hunden. – Ach, darfste halt nicht pedalieren, wenne dran vorbeisaust. – Die Bären sind gefährlicher als die Wölfe. – Ist das Festival feministisch? Bitte nicht zu feministisch, ja? – Wie heißt die Währung? – Ich komm mit, wenn ihr mitkommt. – Kommt ma, bisschen Risiko, wir ham doch kein Bock auf Hochglanzscheiß! – Ich buch jetz. – Ich glaub sie hat Angst. – (…)

Drei Görls schawenzeln um eine Mulmität. Es steht 1:1. Erntge hofft, dass die Görls gewinnen. Ja!

Folk off! Rudolstadt_14.

Tuesday, July 8th, 2014

hip

Erntge liebt jetzt Volksmusik. Wenn morgens in der schönen Zeltschattenhölle das Banjo gerupft und Kaffee kredenzt wird und alle so schön zerfeiert rauslassen was noch da ist, dann ist Erntge ganz glücklich.

They call it that good old mountain dew,
And them that refuse it are few.
I’ll hush up my mug if you’ll fill up my jug
With that good old mountain dew.

My aunt Lucille had an automobile,
It ran on a gallon or two.
It didn’t need no gas and it didn’t need no oil,
It just ran on that good old mountain dew.

Tom & Tom.

Monday, June 23rd, 2014

Drum_kit_overview
Erntge hat zwei neue Freunde. Sie heißen Tom und Tom und lieben Apfel Apfel und fühlen sich auch sehr wohl mit Saft. Hä? Na Schlagzeug! Nachdem der groove nun ganz gut sitzt, kommen endlich TomToms und Becken hinzu und Erntge fillt in wo’s geht. (Saft, Ap-fel, Ap-fel, Saft!) Wow! Inzwischen werden auch Expertinnenmeinungen laut. Was meinte letztens die Reinigungskraft in der Schule zu Erntge? „Mit ihrm Getrommel, das klingt ja schon ganz gut.” Hui! Erntgi grinst und beat näft 5000. Awesome!

Die Träume anderer Leute.

Saturday, June 14th, 2014

hohe zeit

Manchmal wird Erntge in die Träume anderer Leute eingeladen. Seit Erntge wieder selber träumt, sagt sie immer fröhlich zu. Die letzte Einladung kam von einer jungen Dame mit ähnlicher Blutgruppe, an die Erntge nur über Fotos Erinnerungen hatte. Na jedenfalls. Der Traum dieser Dame hatte zu tun mit viel Weiß und ein bisschen Lila und Tauben und Baumstämmen und Musik und mehrstöckiger Torte und neben Erntge schauten noch 108 andere Leute zu. Erntge war zuvor nicht an der Garderobenauswahl gescheitert und malte sich sogar die Nägel bunt. Weil niemand jemandem seine Träume vorwerfen kann, gelang das kurze Mitträumen vorzüglich und Erntge ist immer noch hin und weg vom großen Glück der jungen Dame, die jetzt anders heißt.

Unnötige Tiere.

Monday, June 2nd, 2014

gnitzen

Erntge mag ja Tiere. Vor allem die mit Fell. Aber auch andere beeindrucken sie immer öfter und auf Erntges Teller gibts kaum noch welche. Jedoch! Schmerzliche Erfahrung nun während der Himmelfahrtspaddelei. Erntge lernte eine neue Sorte Tier kennen, das sie ganz und gar nicht schätzen kann. Im Rudel attackierte es heftigst. So schlimm, dass sich Erntge beim Blick in den Spiegel wieder wie 16 fühlt und Leute, das ist kein gutes Gefühl! Für Erntge ist dieses Tier komplett unnötig und neu. Kennt ihr es schon?

Diese Tiere sind klitzeklein und viele von ihnen haben beharrte Flügel. Wenn sie ihr Opfer errochen haben, stecken sie nicht nur ihre Mundwerkzeuge darein, sondern gleich den ganzen Kopf. Aus dem Auge kriegt man die Biester ganz schlecht, weil sie an ihren Füßen auch noch irre komplizierte Haftvorrichtungen haben: so richtig festgekrallt saugen sie ihr Opfer leer. Besonders blutrünstig sind die Weibchen. Ränder von Kleidungsstücken machen sie fuchsteufelswild, besonders, wenn diese dunkelfarben sind. Einige von denen sind sogar so drauf, dass sie ihre Männchen direkt nach der Begattung aussaugen. Puh! Wirbel haben sie keine, aber wenn sie „Amine“ hören, drehn sie komplett durch. Pfui, wie feindselig!

rund & licht.

Thursday, May 22nd, 2014

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Klick zum Ausgang.

Monday, May 12th, 2014


Erntge ist in der Stadt, in der die Menschen nicht träumen. Nachts ist hier immer großes Gestöhn und Ätz. Kein Mensch schläft, alle sorgen sich, stressen sich und lecken ihre Wunden. Erntge sitzt in der Stadt, in der die Menschen nicht träumen, mit verbundenen Händen. Der Platz zwischen dem verknoteten Stoff und ihrer Hand reicht rechts für rauchen, Kaffee trinken und klicken. Mehr nicht. Deswegen macht Erntge seit Tagen nichts anderes. In ihrem Klickspiel* führt Erntge einen kleinen Roboter durch eine einfarbige Schrottwelt. Die Unterschiede zur Stadt, in der die Menschen nicht träumen, wirken grad erstaunlich inexistent. Erntge klickt und klickt sich zum Ausgang.

plan

*Machinarium ist wieder Point’n’Click von Animata Design. Wie bei Botanicula gehts ums Entdecken, Erschließen und Kombinieren in liebevoll und detailreich gestalteter Kulisse. Sehr gut findet Erntge, dass sie sich in jedem Abschnitt Hinweise (also hilfreiche Pläne und Skizzen) erspielen kann und so nicht mehr heimlich im Internet nachluschern muss, wie sie verdammt nochmal durchs Kapitel kommt. Hier mal testen.

Tag, Leiche!

Sunday, May 4th, 2014

Eines Nachts hatte Erntge den Kadaver hochgeholt. War runtergestiegen in die faulige Feuchte, in die düstere Schwärze, hatte sich die Nase zugehalten und ihn zwischen den zuvielfüßigen Gespinnsten nach oben gehievt, ans Licht. Jetzt liegt er auf dem Bürgersteig vor der Haustür, leberwurstfarben, seltsam glasig, und irgendwie… so überschaubar! Erntge wundert sich, dass er gar nicht so schwer war wie vermutet und sieht genau hin. „Gut, dass das Ding jetzt raus ist”, denkt sich Erntge und weiß, dass eine Menge Arbeit ansteht. Vor Reinigung und Begräbnis muss Erntge noch viele Sachen rauskriegen und verwerten: Von wann war der Kadaver? Was war er vorher gewesen? Woran war er gestorben? Und wie war er in Erntges Keller gekommen? Was Erntge schon jetzt weiß, ist Quatsch. Sie hatte den Kadaver sehr lange ignoriert, weil sie angenommen hatte, sie würde unter seinem Gewicht zusammenbrechen. Wie gesagt: Quatsch.