Das kleine Problem, das ich manchmal mit Nantes habe: es möchte mehr sein, als es ist. Andere Städte, wie Rennes zB., haben längst ihre Kleinstädtigkeit akzeptiert und machen das Beste draus. Das hat Flair, das hat Stil, da steppt der Studentenbär. Angers auch, das kleinste Kaff mit Chateau ruht sich entspannt auf seinem Filmfestival aus. Was total ok ist.
Nur Nantes, nur Nantes möchte immer höher und weiter und mehr und noch moderner und tadaaa! METROPOLE! Da zimmern die diesen Zénith hin in Saint Herblain. Da passen 8000 Leute rein. Da machen die Riesengigs, da kommt im April zum Beispiel Herr Knopfler persönlich und spielt einen auf.
Und nun denkt sich der Zénithchef: “Der Mark Knopfler, das super, da kriegen wir voll viel Geld rein!” Und freut sich. Und dann meint aber der Marketingheini: “Da geht noch was!” Und dem Zénithchef fallen auf einmal die ganzen Leute ein, die sich keinen Mark Knopfler live leisten können. “Genau, die Jungen!, die Studenten müssen wir ansprechen!”, denkt er sich und gebärt die grandioseste Idee der Welt. Ein Festival!
Einen Tag lang (“nee nee, nich diese wilde Gecampe vor der Tür und diese Randalierer und Gröler. Schön sauber solls sein!”), eine Handvoll Bands (ja wie, eine Hand voll, 30 Bands!”) (“…und die dürfen auch noch ihre Freunde mit auf die Bühne bringen!!), Zielgruppe? (“alles. wir wollen alle. alle alle alle!”) – also einen Abend lang 80 Musiker und das Ganze für 7€. Klingt doch nach nem tollen Plan. Dass nebenbei das halbe Bier (Bier?) für 4€ und ein Mineralwasser für 3,50€ verkauft wird, das interessiert dann doch keinen mehr, in der Euphorie des Abends, im Zénith… Franzosen finden es legitim für Alkohol zu zahlen, Kultur dagegen soll für alle sein. Aus Mangel an Kreativität wird zum Anlass des Festivals die Eröffnung des Zéniths genommen (klar was sonst, …und aber zum zweiten Mal schon? – achwas achwas, das machen wir im dritten Jahr wieder so, das merkt gar keiner.)
Gestern war’s soweit. Die Bands, sie kamen pünktlich, sie hörten pünktlich auf. Klaktonclown hat leider ganz beschissene Freunde (schreien und stottern gleichzeitig), so dass das Konzert eher mäßig bis lahm war. Mukta hatte sich Orange Blossom bestellt und wer’s esotherisch mag, war vor der Bühne genau richtig. HipHop gabs auch, Philemon, aber eben HipHop… Die Rock-Connecte hab ich leider verpasst, weil ich Durst hatte. Die Begrüßung schien meistenfalls einstudiert, viele Bands äußerten sich “irre glücklich”, mal im Zénith vor so großem Publikum spielen zu dürfen, erinnerten aber gleich im nächsten Satz daran, dass sie sonst eher auf kleinen Konzerten und Festivals zuhause wären, dass überhaupt die alternative Musikszene in Nantes den Bach runterginge und da hätten sie auch gleich mal ein Lied drüber geschrieben, ja das spielen sie jetzt mal vor. Im Zénith. Hä?
Es gab wenigstens eine schöne Sache gestern Nacht, nämlich den Abschluss des straff durchorganisierten Spektakels: Gong Gong – extrem gelungener Elektro aus Nantes. Hier mal probehören. J’adore. Zwei Schlagzeuger gleich, irre Bühnendeko, bewegliche weiße Projektionsflächen, auf die wirres Visuelles gebeamt wird. Dazu eine Kumpeline mit kurzem Kleidchen, dicken Stiefeln, Nina Hagen in der Stimme und dem Rhyhtmus im Blut. Voll geil.
So und nun? Fazit parat? Anybody?