Sie ist wieder da!

canard

Ein liebenswertes Meerestier hat sich ein Jojo aus Erntges Nervensträngen gebaut und übt fleißig für die Weltmeisterschaft. Geht’s runter, mulmt es bei Erntge, geht’s hoch, is geil. Ganz hoch ging’s letztens beim Blick in den Briefkasten. Steckte da doch ein riesendickbuntes Frohbuch drin! Yeah! Erntges heimliche Liebe, Camille Jourdy, hat nämlich wieder eins gemalt und geschrieben und das ist jetzt draußen und Erntge hätte ma wieder nix mitbekommen!

Nach der granatenmäßigen Rosalie Blum zeichnet Camille weiter Frauen. (Viele dicke, wenige dünne, die meisten mit Dachschaden.) Juliette soll die Protagonistin sein, sie ist jedenfalls ganz groß vorn auf dem Cover zu sehen. Aber Pustekuchen! Sie verschwindet fast im Buch vor lauter Graumaustum. Versteckt sich so hinter ihren Ängsten und Hemmungen und kommt auch am Ende nicht aus sich heraus. (Eine Erklärung gibt es natürlich dafür, wird am Ende auch alles fein säuberlich aufgelöst… trotzdem, Erntge kann einfach nix Spannendes an dieser Juliette finden.)

Zum Glück schillert’s an vielen anderen Ecken des Buches und manchmal auch mittendrin. Da ist Juliettes Schwester – eine Powerfrau par excellence: stark, schön, die packt an. Die hat ihre Familie, alles im Griff, die kümmert sich. Und ganz für sich allein hält sie sich ihr kleines süßes Geheimnis – den Typen aus dem Kostümverleih. Vielleicht sind das sogar Erntges liebste Szenen im Buch: Erwachsene, die Quatsch auf dem Rasen machen. Daneben Juliettes Eltern, einige Gestalten aus der Bar du coin und dann noch Polux, so ein siffiger Typ, der sich blöderweise in Juliette verliebt (völlig klar, dass das keinen Sinn macht).

fiche le camp

Ein bisschen fehlt der Punk. Waren bei „Rosalie Blum“ noch so viele grob-beknackte Details, sind die bei „Juliette“ auf die einsame strippende Gartenzwergin auf der allerletzten Seite des Buches reduziert. Schade. Die Zwergin ruft Erntge zu: „Easy, mach dir nix draus, Camille wird grad erwachsen und muss nu diese schweren Familienthemen machen, die braucht auch Kohle und steht unter Kreativzugzwang.“ Okay, nickt Erntge, so wird es sein.

rester comme ça

Camille Jourdy: Les fantômes reviennent au printemps, Actes Sud, 2016

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