Murmeln.

ostsee
Ausgestreckt auf einer unschätzbaren Anzahl von Sandkörnern hieft Erntge das schwere Kind aus ihrem Kopf. Weil schwere Geschütze gegen schwere Kinder immer versagen, versucht es Erntge mit Murmeln, ganz kleinen. Das freundliche Rauschen der Ostsee begleitet das Unterfangen. Erntge wünscht sich, dass es klappt, weil das schwere Kind so viele Synapsen besetzt, die Erntge gern für Anderes hätt. Es soll weg. Weil das schwere Kind so wenig versteht, beginnt Erntge das Murmelspiel.

Auf den Tisch des schweren Kindes legt Erntge Murmel no I. Es ist Jacques Palminger darin: er hockt auf einer Bühne mit sündhaft teuren Schuhen und erzählt dem Mikro in seiner Hand Geschichten über sich. Wie er sich an der Ampel auf die Straße legt, um den kleinen Zettel zu lesen, der am Pfahl klebt. “Rufen Sie nicht an!”. Die Murmel rollt über den Tisch des schweren Kindes, seine Augen folgen ihr und ihrem bewegten Innenleben. Fertig. Murmel liegt still. Was Neues.

Erntge legt Murmel no II auf den Tisch. Darin sitzen zwei Menschen neben einem Schiff, das auf Sand steht. Sie bekleckern sich mit Falafel und nicken viel. Diese Murmel rollt über den Tisch des schweren Kindes, Möwengekicher ist zu hören. Schwere Kinderaugen folgen der Kullermurmel. Das schwere Kind will mehr sein, es legt den schweren Finger auf die Murmel – sie steht.

Erntge versucht Murmel no III. Es ist eine große und ihre Farben sind freundlich und klar. Alle elf Erzählungen aus Andreas Stichmanns’ “Jackie in Silber” (mairisch verlag, 2008) finden darin gleichzeitig statt. Originelles Scheitern junger Herren, sehr unaufgeregt. “Nicht viel ist passiert. Vom Mond aus muss es aussehen, als wäre noch viel weniger passiert.” (S.46). Das schwere Kind gähnt. Endlich beginnen seine Verlegenheits- und Überbrückungsgesten. Es steht schließlich auf, meckert. Erntges Herz hüpft. Ja, das schwere Kind hat die Tür erreicht. Klinkt, ist weg.

Erntge sammelt alle Murmeln ein und steckt sie in die Hosentasche. Und nimmt sich Zeit.

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