„Hey Binoche, schön dich zu sehen, ist es nicht geil?“ Zylinderella versprühte eine Leichtigkeit, deren Fröhlichkeit leider schmerzte. Ihre wuchtigen Augen funkelten so wild wie ein Weihnachtsmarkt kurz vor der LKW-Attacke. „Hä, was?“, verstört war Binoche und spürte die Unannehmlichkeit eines drohenden Gesprächs mit der Person, deren Körper ihr Sichtfeld in den letzen fünf Monaten enorm eingeschränkt hatte und weiter zu sprengen drohte. „Na alles, sieh dich um!“ tönte die Schöne und spielte dabei verträumt mit ihren blonden Locken. „Haha,“ Binoche winkte ab. Vom ewigen Kriechen und Suchen hatte sie sich die Brille versaut. Ein riesiger Riss splitterte sich über beide Gläser. „Ja, findest du?“ Binoche hätte gern das peinliche Gekrächz unterdrückt, doch war sie ewige Knechtung, Fessel und Zwang leid, eigentlich war ihr inzwischen scheißegal, was aus ihr rauskam. Alles, was noch kam, war willkommen. Ehrlich. Herzlich!
Binoche war am Arsch. Sie bekam sich nicht mehr recht zusammen und wusste nicht, wo ihre Einzelteile steckten. Noch funktionierte sie. Die Ausbrüche wurden aber häufiger und immer öfter fiel Binoche und manchmal half auch keine schäumende, ohrfeigende Ostsee aus der Bodenlosigkeit. Das Verhängnis hatte sieben Namen, war unergründlich und zutiefst phrasenhaft. Binoche wusste, dass ein einziger Mensch ihre Einzelteile im Weltall zusammensuchte, ein seidener Faden.
„Wie viel wir hier gestalten können! Es ist der Hammer. Ich bin so glücklich.“ Zylinderella hatte was von dieser Frau aus der Schaumawerbung. ‚Die sieht sich selbst beim Wachsen zu, bei mir ist immer nur Verschwinden und Abhandensein’, dachte Binoche noch und klappte den Rechner zu. Sie sagte: „Ich freu mich, dass es dir wieder so gut geht.“ Ein zauberhaftes Lächeln glitt dankend herüber und für einen Moment war Binoche wie gefesselt von der Tiefe des Glücks, was da zu ihr herübersegelte. Ganz ehrlich und unvermischt. Binoche wusste nicht recht: war sie gekränkt oder entzückt? Das Dumpfe sollte endlich aufhören, diese entsetzliche Abwesenheit von allem.
Binoche packte schließlich den Rechner ein, stand auf und beugte sich herüber. Gerade als Zylinderella sich selig über den Bauch strich und dabei verträumt summte, küsste sie Binoche auf den Mund. Einfach so. Das Summen verstummte abrupt. Von nun an, wusste Binoche, hatte sie nichts mehr zu befürchten. Die Schaumafrau würde andere Schaumafrauen treffen, damit hatte Binoche nichts mehr zu tun.