Archive for the ‘nepal.’ Category

Photeng.

Wednesday, April 27th, 2016

photang1
Das Himalaya ist das Dach der Welt. Zehn Tage lang sitzen wir mit den Schamanen auf seinem Balkon, in dem so viele Risse sind vom Erdbeben. Photeng liegt auf etwa 3000 Metern Höhe und ist einer unserer liebsten Orte in Nepal. Hier leben 13 Familien. Das Land, das ihnen gehört, bewirtschaften sie gemeinsam.

photang2
Tagsüber meditieren wir an Wasserfällen und Felsen. Jeden Abend trommeln wir uns durch die Welten. Nachts schlafen wir auf dem Friedhof. Es ist dort total unsortiert. Unten totes Laub und wirre schwarze Krabbelei, oben düsterdorriges Geäst, an dem weiße Stofffetzen flattern. Bevor es Nacht wird, bauen die Schamanen einen Schutzwall um uns auf. Vergessen sie es, beschweren sich wohl die Leute aus den tiefer gelegenen Dörfern, wenn die geweckten Totengeister dann auch außerhalb des Friedhofs ihr Unwesen treiben. Mit Gebüsch im Gesicht, Spitzstein im Rücken und Angst im Nacken schläft es sich wenig. Alle Sinne sind scharf und nehmen jedes Rascheln, Knistern, Zischen und Flüstern wahr. Wir schlafen auch in Höhlen, es tun sich mitunter Abgründe auf.

photang3

In Photeng wohnt auch die Sherpafrau Samo. Hager ist sie und ihre Augen sind eingezäunt von tausendundeiner Falte. Ihre Haut wirkt ledern. Sie hat letztes Jahr die Berge wanken und auf ihr Haus stürzen sehen, unter dem zuvor die Wolken schwebten. Mit kurzen, harten Blicken checkt sie stets die Lage. Über meinen blauen Fleck am Bein schimpft sie wie ein Rohrspatz, weil in ihrer Welt Hexen (bokshi) in Beine beißen können und weil die Nepali weder blaue Flecken, (noch Pickel, noch Haare an den Beinen) kennen. Wenn sie lacht, wird uns warm ums Herz. Ihr Mann ist der Sohn eines berühmten Superschamanen und ständig betrunken. Er lacht uns zu, er hätte früher ein Haus besessen, heute habe er drei. Dabei zeigt er auf die drei Zelte, auf denen die Logos der Hilfsorganisationen leuchten.

photang4

In Photeng haben wir uns in Banju verliebt. Er ist 11 und macht abends im Liegen Hausaufgaben, weil auf dem Tisch noch unser Abendessen steht. Jeden Tag steht Banju um 4 auf und schneidet Grün für die Kühe. Sein Schulweg danach ist halsbrecherisch, dauert 1,5 Stunden und er begeht ihn stets akkurat gekleidet in Schuluniform mit Schlips und allem. Sein Lieblingsfach ist Englisch. Nach der Schule arbeitet Banju wieder bis zum Abend und lächelt dabei immer mit wachen Augen. Er hat keine Ahnung was Mc Donald’s ist und möchte später Pilot werden. Ohne Kinder bleibt alle Arbeit für die Alten.

photang5

Kali und Kotz.

Monday, April 25th, 2016

kali
Shiva, Vishnu, Brahma… so langsam verstehen wir die bunte Götterwelt hier. Ganesh ist der mit dem Elefantenkopf und dem großen Appetit, Garuda der beschützende Übervogel und Hanuman der treuste Affenmensch, der doch mal diese Pflanze besorgen sollte, aber nicht wusste welche und deshalb gleich den ganzen Berg mitbrachte. Cooler Typ. Und Parvati: ach Parvati! Die lieben wir wegen ihrer Sanftmut und ihrer Fürsorge, die hat Geduld und ist so unglaublich liebenswert! Eine ihrer gruseligen Erscheinungsformen ist aber Kali.

Kali, die dämonenfressende, blutrünstige Tobsüchtige. Die auf Tigern reitet und immer wütend brüllt und um ihren Hals sogar eine Kette aus abgeschlagenen Schädeln trägt. Grusel! Sie ist die Göttin des Todes und der Zerstörung. Der Dakshinkali-Tempel südlich von Kathmandu ist ihr geweiht. Beides, Kali und ihr Tempel, sind echt schwer zu verdauen. Eine ganze Nacht lang kotzt und durchfallt Erntge nach dem Besuch. War das etwa die große Reinigung? (Kali soll schließlich auch für die Erneuerung stehen.) Oder war Kali sauer, weil Erntge keine Ziege mitgebracht hat? Wie ungern sich Erntge an diesen Kultstätten die Schuhe auszieht!

kali2

Naikap Namaste.

Friday, April 22nd, 2016

namaste!
Es ist wahnsinnig heiß. Der Smog und Lärm der Stadt kriecht bis an unser Fenster. Der Baustellenlärm hört auf, als das Hundetrio lauthals die vierbeinige Nachbarschaft aufmischt. Wir ziehen uns schwarze Popel aus der Nase und denken über unsere Ahnengeister nach. Was die Frauen in den schönen Farben denken, während sie beständig Schwerlasten bergauf tragen, wissen wir nicht. Im Nacken steckt uns die Erinnerung an eine wilde Taxifahrt über den Highway, der aus Dreck und Lärm besteht. Wie die eckigen Kühe darauf entspannen können, bleibt uns unklar. Hält man eine Taschenlampe in die Dunkelheit, sieht man in ihrem Lichtstrahl eine Millionen Staubkörner tanzen. Wir üben Nichtstun. Zum Trommeln aber wachen wir auf und uns bleibt die Spucke weg. Wir lassen uns wegfegen und fegen uns selber weg. In Traumwelten, begeben uns auf Reisen, für die wir keine Beine brauchen. Manchmal wird im Hof ein Familienmitglied mit Pflanzen ausgepeitscht, die vorher in kochendes Wasser getaucht wurden. Drumherum sitzt dann die ganze Familie und die Hunde schnarchen. Wir haben ein europäisches Klo hier. Auf der Klobrille sitzt aber diese Schabe. Sie ist feuerrot und hat gigantische Ausmaße. Ihre Beine sind behaart. Um 5 Uhr morgens und abends klingelt es von allen Dächern und aus allen Häusern. Wir sind seit 3 Tagen in Nepal.

Los!

Monday, April 18th, 2016

los
Und jetzt wollen wir aber auch los. Die Vorfreudesynapsen leiern langsam aus. Alles Leergut ist verkauft, alle Reden sind gehalten. Alle Impfstoffe haben sich durch den Corpus katapultiert und verloren. Alle Miniatursinnigkeiten und sinnvollen Reisebegleiter sind verschnürt. Der Wasserschaden gestern abend mahnte noch einmal zu allseits angebrachter Flexibilität und milder Heiterkeit. Das üben wir weiter die nächsten zwei Monate. Und machen uns auf für das Abenteuer.

(Pünktlich zur Badesaison sind wir natürlich wieder da!)