Archive for the ‘lesen und schreiben.’ Category

Wie? Zuklappen! Jetz?

Tuesday, May 8th, 2012


Noch frustrierender als der Umstand, dass Erntgos großartiges Monika-Herz-Wanderplakat von den Mitbewohnern täglich unsubtiler mit Müslipackungen, Saftkartons und Benzinkatuschen zugestellt wird, sodass es höchstens noch erahn-, aber schon lange nicht mehr sichtbar ist, also jedenfalls nicht in seiner überbordenden Schönheit und Richtungsweisung…  äh. Also noch frustrierender ist eigentlich nur Roberto Bolaños 2666. Auf Seite 598.

Oh man. Dabei war Erntge so beglückt gewesen, so entzückt, so berauscht! Am Anfang. Von Sätzen, die sich waghalsig über sieben Seiten hangelten. Von rasanten Bildern und fetziger Story und schnittigen Chiasmen und überhaupt, der Roberto, der hat eimfach ma die gesamte Palette drauf und wirkt so klug entspannt und weise.

Danke Roberto! Für das Sterbendländliche in Morinis Erschöpfung (173), für die Übertreibung als Form höflicher Bewunderung (180), für die heitere Aussicht selbst nicht zwischen Pantophobie (der Angst vor allem) und Phobophobie (der Angst vor den Ängsten) entscheiden zu müssen (504ff) … na und für das:

Ich weiß nicht, was mich bewogen hat, hierherzukommen, sagte sich Amalfitano nach einer Woche in Santa Teresa. Du weißt es wirklich nicht? Du weißt es wirklich nicht?, fragte er sich. Ehrlich, ich weiß es nicht, sagte er zu sich selbst, und das sagte eigentlich alles. (219)

Alles ganz toll. Aber nu! Ist seit 200 Seiten Kack. Frauenleichen über Frauenleichen, tausende Schicksale, tausende Berufszweige, tausende Figuren geben sich alle drei Sätze Klinken in Hände, um danach niemals wieder aufzutauchen. Erntge hat sich das angeguckt. 200 Seiten lang. Kann auch gut sein, dass da grad was gaaaaanz Großes vorbereitet wird. Was denn aber erst auf Seite 1179 aufgelöst wird? Nä. Nich mit Erntge. Die hat genug, mit Monika genug zu tun….

Aber wieso eigentlich Unglück?

Sunday, February 12th, 2012


Wer sich für Literatur begeistert und Facetten von Intertext begreifen will, dem mag Marisha Pessl’s „Die alltägliche Physik des Unglücks” (2006) nützlich sein. Erntge hat das grad durch und einen bunten Blumenstrauß an Zitatengeklingel hinter sich.

Dieses Buch will erobert werden, so viel steht fest. Auf den ersten Blick wirkt es sogar abschreckend. Ein Cover so hässlich wie der Inhalt der Superillu, eine schnöde amerikanische Story von der sechzehnjährigen Blue (was für ein Name), die mit ihrem Dad (iiiiihhh, wer sagt denn so was), von College zu College zieht (mäh) und dann ist es auch noch elende 714 Seiten lang.

Ein zweiter Blick lohnt. Vor der Geschichte gibt’s nämlich eine Lektüreliste, welche Titel verschiedenster Romane mit Kapiteln des Buches verbindet. Pah!, entfährt es einem da: Übergeschnappt! Arrogant! Blender! Quer durch die Jahrhunderte und über die Kontinente hinweg reicht diese Liste. Dornröschen ist ebenso dabei wie Huxley’s Brave New World und nicht zu vergessen Ovids Metamorphosen. Alles klar.

Die Geschichte lässt sich Zeit. Hat man sie dann kennengelernt, diese Blue (die aus der Ich-Perspektive heraus erstaunlich klug beobachtet und alles was sie sieht mit Zitaten oder Zeichnungen belegt), sowie ihren Über-Vater (den intellektuellen Universitätsprofessor, der neben Benno Ohnesorg stand, als dieser erschossen wurde) – dann geht’s los. Eine feine Krimigeschichte entwickelt sich und zwar immer so, wie man es nun grad nicht erwartet.

Am besten hat Erntge allerdings die Abschlussprüfung am Ende des Buchs gefallen, die des Lesers „Verständnis umfassender Konzepte überprüfen“ soll. 14 Richtig-Falsch-Fragen* (30%), 7 Multiple Choice Fragen (20%) und ein Aufsatz (50%).  „Nehmen Sie sich so viel Zeit wie Sie brauchen.“, steht ganz am Ende.

*Auszug aus der Abschlussprüfung:

Blue van Meer hat zu viele Bücher gelesen. R/F?

Mit Milton Black zu knutschen war wie:
A) Einen Tintenfisch zu küssen.
B) Von einem octopus vulgaris umschlungen zu werden.
C) Einen Kopfsprung in Wackelpudding zu machen.
D) In einem Bett aus Stirnlappen zu versinken.

Viele berühmte Filme und publizierte akademische Werke bemühen sich, den Zustand der amerikanischen Kultur, die heimlichen Leiden der Menschen, das Ringen um die eigene Individualität, die generelle Verwirrung, die das Leben so mit sich bringt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu beleuchten. Liefern Sie unter Verwendung konkreter Beispiele aus derartigen Texten eine umfassende Argumentation FÜR die These, dass solche Werke zwar erhellend, amüsant und tröstlich sind – vor allem, wenn man sich in einer neuen Situation befindet und eine gewisse geistige Ablenkung braucht – , dass sie aber auf keinen Fall die eigenen Erfahrungen ersetzen können. (…)

FF und Munter Monika.

Thursday, August 19th, 2010

Zwölf Tage bis Prekariat. Der Regenschirm überm Gemüt wurde noch mal ordentlich festgetüddelt und die Löcher mit Gaffer überklebt – so hält der schon noch. Zahlen sollen weiter kühn ignoriert werden. (Muss sich Erntgi noch mal überlegen bis wohin kühn geht und ab wann bang anfängt und was überhaupt dazwischen liegt.) An die Zahlenmauer hagelt’s jetzt jedenfalls massiv Buchstaben. Manche bleiben nämlich kleben und verhängen so freundlich den kalten nackten verkackten Zahlenmauerbeton, an dem sich nicht ein einziges Pflänzchen wachsen traut.

Gute Buchstaben gibt es zum Beispiel bei „Keynkampf“ von Key Pankonin. Kann man sich gut mitnehmen, an die Ostsee zum Beispiel. Vor blauweißwindiger Kulisse finden sich flugs und kinderleicht die schönsten Buchstaben (kleine, große, dicke, zarte, helle, schützende, lächelnde, grüne und rote) zum gegen die Zahlenmauer schmeißen. Das ist gut und funktioniert vielleicht auch mit Pilzen? Das testen wir einfach in der nächsten Woche. Hier besonders schöne Buchstabenfolgen aus Pankonins Büchlein von 1993:

– der, die, das FF
– Ichfunktion vs. Exfunktion
– Lichtpeter
– das Fleisch- und Wurstsortiment auf die Klampfe tackern
– Stanniolpapier
– Welche FKE ist die richtige?
– sich bei Selbstgesprächen versprechen
– Novemberfrau
– Aber Hacke ist viel zu international und verliebt, um aufzugeben.

“Können Sie mir einen Slip leihen?”

Tuesday, March 9th, 2010

Christian Beck rebelliert nicht mehr. Wollte er früher alle Menschen mit seiner Schreibmaschine töten, empfindet er heute endlos Sympathie für sie. Beck hat die Liebe aufgegeben. Hat die Suche nach dem Glück beendet. Lebt nicht mehr. Hat sich ausgeknipst, abgeklemmt, weggeschnallt. Nimmt nicht mehr teil. Schaut nur noch zu. Seiner Frau zum Beispiel. Was er nicht mehr selber kann, macht sie für ihn: leben. Allerdings nicht mehr lange. Seine Frau wird demnächst sterben. Auf Seite 65 erfasst Beck das noch nicht ganz. Kann er auch nicht, ist ja viel zu beschäftigt mit begreifen, dass seine Frau grad einen Asylbewerber heiratet. Um noch jemandem nützlich zu sein. Und der Asylbewerber, ein junger schmucker Typ, geht nicht mehr weg. Steht unter Becks Dusche, trägt dessen Pantoffel und … geht nicht mehr weg! Ein bisschen hat man den Eindruck, Camus’ Meursault wohne nebenan:

Beck: “Macht doch ein Kind zusammen, ich könnt dann drauf aufpassen.”
Frau: “Ich bin krank. Ich kann keine Kinder machen.”
Beck: “Ja, ich weiß. Aber bald bist du wieder gesund!”
(Zum Asylbewerber)
: “Stimmt doch, finden Sie nicht?”
Asylbewerber: “Können Sie mir einen Slip leihen?”

Beck hat alles falsch gemacht. Nickt und nickt und nickt immer nur. Bietet dem fremden Eindringling sogar seinen Platz im Bett an. Weil er meint, Liebe habe mit Aufgabe zu tun und Höflichkeit wäre die edelste aller Charaktereigenschaften. Wohin das wohl führt?

Wärmstens empfohlen sei also der Autor Arnon Grunberg, der 1971 in Amsterdam zur Welt kam und seit 2003 regelmäßig dicke Romane auf den Markt schmeißt. Der letzte heißt „Tirza“ (2006, 2009) und porträtiert einen ebenfalls angeknacksten Mann mittleren Alters, der einem freundlich die Hand reicht für einen ausgedehnten Spaziergang am Abgrund.

Arnon Grunberg (2006): L’oiseau est malade. Traduit du néerlandais par Anita Concas. Actes Sud. (dt. Der Vogel ist krank, Zürich 2005)

Kylie nicht PJ.

Monday, December 7th, 2009

Nick Cave hat ein neues Buch geschrieben. Nach der Katastrophe von 1989 und „And the Ass saw the angel“ (ganz ehrlich, ey… nee.), versucht er sich 20 Jahre später also am zusammenhängenden Satz und Erntge könnte meinen, er hätte sich während des Schreibens einen gelben Postit mit „Kohärenz!“ drauf über den Schreibtisch geklebt. Also wenn einer wie Nicki überhaupt am Schreibtisch schreibt… Na jedenfalls! “The Death of Bunny Munro” ist sooooo toll! Wirklich! Es rast es ist lustig es ist porno es ist unglaublich banal und dann steckt aber doch alles drin und man lacht laut und heult leise und möchte Bunny ab und zu paar schallern und Bunny jr immer nur in den Arm nehmen und beschützen vor dieser sinnfreien Welt und seinem Vater, dem Vagina-Mann.

Bunny Munro ist der Loser schlechthin: verkauft Kosmetik an einsame Hausfrauen, die er im Idealfall danach nagelt. Außerdem ist viel Alkohol sein Leben und das gefällt ihm. So verwundert es nicht, dass er seine Frau eines Tages selbsterhängt im Schlafzimmer findet. In ihrem Hochzeitskleid. Bunny steht allerdings nicht allein da: sein 9 jähriger Sohn Bunny Junior fragt, wie es nun weitergeht. Und das weiß Bunny selber nicht.

Im Kopf entsteht eine Art Road-Movie, denn Vater und Sohn machen sich zusammen auf Verkaufsreise. Was lernt man denn schon in der Schule? Bunny jr soll endlich das Geschäft erlernen! Von seinem Vater, der könnte schließlich einem Barrakuda ein Fahrrad verkaufen. Außerdem flieht es sich so herrlich vor den Gespenstern, die Bunny seit dem Tod seiner Frau zu verfolgen scheinen:

He closes his eyes and imagines for a split of a second a rush of perilous and apocalyptic visions – planes falling from the sky; a cow giving birth to a snake; red snow; an avalanche of iron maidens; a vagina with its mouth stapled shut; a phallus shaped like a mushroom cloud – and Bunny shudders, checks his teeth in the mirror and thinks – Man, where did that come from? (p.57)

Das Buch funktioniert so gut, weil Bunnys Abgrund (Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Perversität, Losertum, Perspektivlosigkeit, Indifferenz, Drogenexzess usw. usf.) auf subtile Art und Weise mit der grenzenlosen Naivität und Unschuld des Sohnes kontrastiert, der zu verstehen versucht, nicht versteht, bedingungslos liebt und vermisst:

The Rhino Beetle ist he strongest creature in the world and has three horns on its head and can lift 850 times ist own weight. If a human could do this, it would mean he could lift 65 tons. (p.124)

Somit wird leise die Distanz auch zu dem Leser aufgebrochen, der sich zunächst von Bunnys schmieriger und roher Art zu Recht abschrecken lässt. Das hat der Herr Cave echt gut hingekriegt. Denn zum Schluss: Paukenschlag und Trompeten: lässt er einen fassungslosen Leser zurück, natürlich mit Träne im Knopfloch.

Am Ende gibt’s apologies, love and respect für Kylie Minouge und Avril Lavigne (und zum Glück nicht für PJ Harvey) und ich würd gern wissen, was diese Damen über „The Death of Bunny Munro“ denken, denn einerseits geht es um einen echt puterroten Kopf, andererseits um eben Nick Cave. Diesen herrlichen Typ, diesen wow-Mann. Den, der „black hair“ gemacht hat, das vielleicht schönste Liebeslied der Welt.

Nick Cave (2009): The Death of Bunny Munro, Canongate Books Ltd, Edinburgh

No me jodas.

Wednesday, September 16th, 2009

Rotzen, garsten, maßlos übertreiben, unbedingt genügend Sicherheitsabstand zu politischer Korrektheit wahren, Vokabular beschränken, Unverhältnis zwischen Text und Fußnote strapazieren, Exotenbonus ausreizen, bisschen Porno noch – fertig. Dafür dann den Pulitzer Preis 2008 einkassieren. Der Junot Díaz hat ein fantastisches Buch hingelegt! Da ratterts und knallts und fegts einen hinfort. In die Dominikanische Republik nämlich, wo der liebenswerte und übergewichtige Oscar-Nerd-Wao unter der schlimmsten „Muschiflaute“ seit Menschengedenken leidet. Durch die unterschiedlichsten Erzählperspektiven wird episodenhaft Oscars Familiengeschichte entwickelt, mitsamt dem Fluch, der seit Generationen auf ihr lastet. Der Mungo!! Der Mann ohne Gesicht. Das Zuckerrohr. Nebenbei gibt es Exkurse in die Geschichte der DR, wobei der Verurteilung, Bloßstellung und Ächtung des „verhinderten Viehdiebs“ Rafael Trujillos, der den Inselstaat von 1930 bis 1961 tyrannisierte, eine besonders prominente Rolle zukommt. Was für ein Arsch nämlich. Was für ein Scheiß nämlich, dieses Santo Domingo als „Nullmeridian des fukú“.
Apropos fukú; „Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao“ enthält am Ende ein kleines Spanisch-Wörterbuch, da kann man allerhand auffrischen:
Aquí yo no quiero maricones. (Ich will hier keine Schwuchteln haben.) mujeron total (Granate, scharfes Mädchen) tarera (Flächenmaß, 628,8m2) No me jodas. (Erzähl mir keinen Scheiß.) chabine (schwarze Frau mit blondem oder rotem Haar und blauen oder grünen Augen) una tormenta en la madrugada (ein Gewittersturm am frühen Morgen) Se acabó. (Und jetzt ist Schluss.)

Boy. Pop.

Sunday, April 19th, 2009

Dem einzigen Mann, dem ich einen Altar bauen werde, in meiner neuen Wohnung nämlich, die ich übrigens sehr bald bekommen werde, ist und bleibt, für immer und ewiglich, mein grandioser Blixa Bargeld. Der mir kürzlich ein Buch schrieb. Das heißt “Europa kreuzweise” und erschien im kleinen aber feinen österreichischen Residenzverlag. Tüllich ist der kryptische Posttitel daraus. Boy und Pop sind nämlich Blixas Antworten auf die immergleichen Fragen der immergleichen Ahnungslosen: “What’s the name of the band?” und “What do you play?”. Brüller!
In der Litanei erfährt man außerdem, was der Gourmet wie wo gegessen hat und trifft auf lustige Adjektive wie “geriatrisch”. (“Hier hab ich vor ein paar Jahren mal gegessen, als ich eine schwedische Freundin hatte, es war damals so geriatrisch wie das Kranzler.”, S. 58) Da kann man sich lange mit aufhalten, rauszukriegen, was Mister Bargeld damit meint. Brockhaus und Wikipedia können sich in die Ecke stellen und schämen mit ihren diesbezüglichen vagen hints und zwanghaften Sachlichkeiten. Blixalein ist ein Poet, der zaubert ja selbst das Planetensystem mit sich und seiner Stimme auf die Bühnen seiner Wahl! Und auch wenn ich mir in meinen soeben beendeten zweiwöchigen Ferien vom Nichtstun überlegt habe, nicht mehr zu warten (denn, ey, nichts ist sicher und wer weiß schon was kommt), gefällt mir so sehr das “Ich warte”. Den Text hat er mir ins “Europa kreuzweise” gedruckt. Danke, Blixa!

Und vielleicht ist ja doch eins sicher: Es gibt immer die richtige Musik.
Für die nächste Katastrophe. Für das nächste Freudenfest.

(…)
Ich warte auf die Kellnerin
hab Monde mir bestellt…
Ich warte durch die ganze Zeitung
bis es Zeit ist für die Welt

(…)
Ich warte auf die eine
die ihren Namen wohl verdient
immer da war immer recht hat
auf die eine die die Sonne ausgräbt
das Gesetz der Gräber aufhebt
Ich warte auf die die taktlos erntet
honigtriefend
barfuß tanzend ohne Hemmschuh
die Ton für Ton der Starre entkommt
die jedem auf Anhieb bekannt vorkommt
Ich warte bis sie Türen Tore Schleusen öffnet
bis sie wolkenbrechend – Weckruf Fanfare –
überraschend aus dem Hinterhalt sich stürzt
Ich hoffe sie zettelt eine Hymne an
Ich warte bis es nichts mehr zu warten gibt
das Leben ist kein Irrtum, kein Irrtum ist Musik
Ich warte
Ich warte immer noch

Komma Punk.

Monday, March 2nd, 2009

Dieses Buch ist auch eine Ode an das Komma. Mehr Kommas kann kein Autor setzen. Wozu das Komma eigentlich da ist, weiß ich. Bei Michael Wildenhains „Träumer des Absoluten“ nicht mehr. Um Regeln schert sich nicht der Komma-Punk. Mir war lange nicht klar, dass das Komma aus dem griechischen für „Schlag, Abschnitt, Einschnitt“ kommt. Schlag! Das hat sich wohl auch Wildenhain überlegt und zerkloppt lustig klassische Syntaxen. Natürlich nicht regelmäßig, denn um Regeln schert sich nicht der Komma-Punk. Tritt aber gegen sich selbst an im Wettbewerb um die meisten Nebensätze. Und das ist übrigens auch noch herrlich zu lesen! Weil man sich Zeit nimmt für die Geschichte: denn jedes Komma bedeutet Pause und im Falle dieses Buches meist auch Ort-, Zeit- und Bildwechsel. Wer da rast, dem wird schnell schwindlig. Gibt ja Leute, die drauf stehen. Wer aber Zeit hat, verlässt bald seine eigene für die Welt von Tariq und Jochen (oder Joachim?). Fern, sanft und ernst.
Hier gibt es eine Kritik zum Buch.

Gegenregenlesen.

Friday, January 18th, 2008

“Ich möchte dich hassen, aber ich hasse Kunstleder.”
Allein dieser Satz! Erntge kehrt zurück zu den Buchstaben. Besonders wild und wahr und kompakt finden sich deren Kombinationen in Robert Menasses neuem “Don Juan de la Mancha oder die Erziehung der Lust”.
Was ein Buch. Wen interessieren denn bitteschön die Regenstrippen vor dem Fenster, wenn es soviel Exkurs und Wahn zu genießen gibt, drinnen, im warmen Daunengewirr! Nathan kann jedenfalls nicht genießen. Er wär gern Freier Radikaler. Auf die Formel des Standesbeamten (Wollen Sie… aus freiem Willen… in guten wie in schlechten Zeiten…) entgegnet er nach langem Überlegen: “Können Sie die Frage bitte wiederholen?” Nathan sehnt sich vor allem nach Normalität, verliebt sich aber in seine Therapeutin. Und in wen noch? Gleich geht’s wieder in die Daunen…