Archive for the ‘gegenwärts.’ Category

Erntge am Drücker.

Thursday, December 29th, 2011

Erntge sitzt in ihrer Zukunft und schaut ins stürmische Draußen. Ein Stückchen blauer Himmel rast links am Fenster vorbei. Als gelte es, vor einer unsichtbaren Ziellinie noch die dicke Regenwolke zu überholen. Möwen mit Frisuren drehen unbeeindruckt ihre Kreise. Als die Sonne einen Zeh durchs Hellgrau streckt, lachen die laut auf.  Haha.

An der Ostsee regnets und sonnenscheints im Minutentakt. Der Wind pustet munter Krusten aus Gehirnen. Leute, die hier länger leben, haben keine Gehirnkrusten und wissen nicht, was das sein soll. Zehntausendsechshundertvierundachtzig von ihnen teilen sich ein Nagelstudio. Läden für Sportwetten gibs überhaupt nicht. Hier ist viel alt, aber nix dreckig.

Gestern hat Erntges Zukunft Erntge mit einem Feuerwerk begrüßt. Pedale, Hebel, Knöpfe: alles her damit! Erntge sitzt wieder am Drücker.

Jetzt wo alles gut und besser wird.

Thursday, December 22nd, 2011

Geht ne Amsel zun Frisör. Sitzt drinn n Cowboy und pfeift. Schüttelt sein Pony draußen die Mähne. Kommt n Uhu vorbei. Sagt die Amsel zun Cowboy: “Na?” und fliegt vor Lachen weg. Steigt der Uhu aufs Pony und reitet los. Pony weg!

Die Mürze steht gut im Strumpf.

Tuesday, December 13th, 2011

Jemand hat den Hebel umgelegt und über alle Ecken und Kanten Klarsichtfolie gespannt. In Folie steckt auch irgendwie Wahnsinn, könnte wer anmerken. Das juckt Erntge aber nicht, weil gut sein kann, dass nun alles besser wird. Aus dem Raum mit den tausend verschlossenen Türen hat Erntge den Ausgang wiedergefunden. Dem grünen Licht folgend bügelt sie sich mit dem Zukunftszauberstab die Falten aus der Stirn. Ein Umzug, ein Job, ein herzhaftes Unterfangen haben sich in den Neujahrskalender gezimmert und Erntge kann gar nicht erwarten, dass der Altjahrskalender endlich aufhört.

Dreizweieins, geht los!

Wednesday, December 7th, 2011

Jetz isses gleich soweit. Erntgo quasselt schon fleißig in Mikrofone, in den innen Bars liegen längst die Flyer aus und aus der geliebten Wochenzeitung grinst auch seit letzten Donnerstag unsere herzig maskierte Wrestlerin. Die nennt Nicolas übrigens galant „Kätschöse”. Unser Festival fängt gleich an! Kommt her! Freitag nacht ins ://about blank am Ostkreuz, Samstag abend ins .HBC am Alex. Das wird gut! Und wieso das so komisch heißt? Das heißt gar nicht komisch: Les femmes s’en mêlent, Frauen mischen mit!

Wo ist mein Preis?

Monday, December 5th, 2011


Ja, wo ist eigentlich mein Preis, fragt sich auch Erntge, als sie mit 140km/h aus der Hansestadt gebrettert wird. Durch die Nacht röhrt die Hausband wütende Fetzen nach Berlin. Erntge würde mitgrölen, wär sie nicht so müde. Noch hat der Auspuff des Höllengefährts hinten nicht alles vernebelt: die Umrisse der Stadt sind klar wie die Luft, die es nur an der Ostsee gibt. Sogar der garstige Schweinehund ist noch erkennbar, wie er da mit eingezogenem Schwanz fiept: ha! An dem hatte Erntge ordentlich gerüttelt! Da hängen auch noch Schweißperlen an den Bäumen vom besten Wochenendschiffskonzert (auf der Walzerbahn, im Panoptikum, am Kettenkarussell). Kurz hinterm Ortsausgangsschild hält ein toter Mann seinen Daumen in die Luft.

Also gut. Keine Angst. Nach vorne schaun. Das muss jetzt und das ist und das wird. Aus dem Fenster des knatternden Mobils heraus krallt sich Erntges Blick an einen Stern, der mit den wipfelnden Baumkronen Versteck spielt. Ankommen, Sinn, Zuhause – das will Erntge. Geduld, Aushalten, Zwischenspiel – das hat Erntge. Und das bleibt nicht so.

Kein Netz, kein Plan, keine Technik.

Friday, November 25th, 2011

Im Dunkeln tappte Erntge. Mit Mühe hörte sie die letzten Tropfen Rum trocknen. Krr zsss. Das Fass hatte der Mann mit den Schlipsen gestern früh in den Raum gerollt. Sein Zeigefinger hatte mitgeteilt, es sei dringend nötig und dass sich irrte, wer annahm, das Tier sei zu zähmen. Lachend war er dann aus dem Raum gestolpert und hatte Erntge verbannt: für drei Tage Einsamkeit mit dem widerspenstigen Tier. Ohne dies kein Weiter hatte von außen über der Eingangstür gestanden. Seitdem trugen Erntges Nackenhaare Igel.

Das Tier zögerte nicht. Mit einem Sprung von schwindelerregender Präzision landete es direkt neben Erntge und rammte seine spitzen Krallen in ihre Oberschenkel. Als Blutspritzer von der nackten Wand tropften, grölte das Tier scheppernd und zeigte seine schneidigen Zähne, die scharf waren wie kleine Harakiri-Schwerter. Der Blick des Tieres war so bohrend, dass sich Erntge anschließend in das Rumfass legen musste.

Den zweiten Tag erlebte Erntge volltrunken. Das Tier spie ihr eine messerwetzende Armee aus Zahlen und Formeln vor die Füße, krallte sich daraus einige Formelgeneräle und schleuderte diese mit voller Wucht gegen Erntges Kopf. Es dumpfte derb. Wie ferngesteuerte Maschinen kämpften sie sich ihren Weg mit Macheten durch Erntges Gehörgang bis hin zur Paukenhöhle, wo sie nur innehielten, um ausgesonderte rumänische Zahnarztbohrer in die hinteren Wände zu rammen. Erntge stöhnte. Lallte. Speichelfäden suchten vergeblich, eine Verbindung zwischen ihr und dem Erdboden herzustellen.

Am dritten Tag, grad als Erntge verzweifelnd erkannte, dass sie in einer Lache aus Elend saß und eine rostige Eisenkette um den Hals schleppte, klopfte es an der Tür. Der Mann mit den Schlipsen grüßte, pfiff scharf und legte dem Tier, das schwanzwedelnd geiferte, eine Leine an. Gemeinsam spazierten Mann und Tier aus dem Dunkel in den Tag. Auf dem Halsband stand in Goldbuchstaben der Name des Tieres: Netzplantechnik.

Worum es wahrscheinlich geht.

Tuesday, November 15th, 2011


Erntge weiß jetzt Bescheid. Das retardierende Moment im absurden Theater der Profitwelt ist der Break Even Point! (Nicht zu verwechseln mit dem Break Evil Point, wie er auch heißen könnte, aber nicht heißt.) Vielleicht dreht sich im Leben ja doch alles genau darum: um diesen Schwebezustand zwischen war und könnte sein, ums große Vielleicht, wenn sich Gewinn und Verlust die Waage halten und zusammen verschnaufen. Sich umsehen und zum Beispiel auf Godot warten. Im Gegensatz zum wahren Leben lässt sich im absurden Theater der Profitwelt der Break Even Point errechnen (x * p = x * kv + Kf) und so den verschärften Ausblick auf zukünftige Ausgänge und Entwicklungen zu. Im wahren Leben geht das nicht. Deswegen macht auch niemand Deckungsbeitragsrechnungen für Leben. Erntge auch nicht.

Es trubelt und fratzt.

Saturday, November 12th, 2011

Der Mann mit den Schlipsen erklärt Erntge täglich eine neue Methode zum Geschehen kalkulieren. Kontext- und Nutzwertanalyse, Stakeholdermap, Präferenzmatrix, balance-score-card, SWOT, Methode 635, Ishikawa-Diagramm. Erntge schafft deswegen gar nicht mehr die Zeitung. (Wochenzeitung!)

Besonders irritierend findet Erntge, dass der Mann mit den Schlipsen Menschen immer noch als größten Risikofaktor im Unternehmen verteufelt und tatsächlich annimmt, man könne auch die analysieren und kontrollieren. Selbsteinschätzungsfragebögen zu Persönlichkeitsprofilen und Teamrollen (Belbin) wirken harmlos im Vergleich zu den Möglichkeiten, die hierfür die Neurolinguistische Programmierung (NLP) bietet.

Erntge ist durch. Braucht keinen Urlaub, nur einen Platz für sich. Zum mal kurz durchatmen. Wenn sie müde in die Zeitung guckt, fratzt es da leider so bescheuert raus.

Die anderen sind viele.

Wednesday, October 26th, 2011

Erntge macht ja grad was Neues. Es hat zu tun mit sehr früh aufstehen und zwar jeden Tag. Dem Typen, der täglich neue Schlipse vorführt, hört Erntge zu. Sieben Stunden lang. Dass der die Groß- und Kleinschreibung nicht beherrscht, von sich stets im „wir“ spricht und das überhaupt ziemlich anglophon macht (der „nimmt“ Entscheidungen), ist nicht das Problem. Und wenn man das überhaupt so bezeichnen kann, ist es eher folgende Erkenntnis, die Erntge nach drei Tagen wie Schuppen aus den Haaren fällt: dass nämlich die anderen viele sind. Mehr als die einen jedenfalls, die Erntge kennt.

Erntge will sich nix mehr vormachen, sondern klar. Leute, (und jetz Ruhe bewahren), es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Erntge in einer Parallelwelt lebt. Hui! Und die hat kaum Schnittmengen mit der Realwelt. Die Realwelt erklärt Erntge nämlich grad der Mann mit den Schlipsen. Erntge mit offenem Mund. Konkurrenz – Effizienz – Profit – so maschinenpistolt es durch den Seminarraum. Wichtig findet der Schlipsmann, zwischen nice to have und absolut notwendig zu unterscheiden. Menschen sind in seiner Welt Risikofaktor. Der Schlipsmann sagt, man könne beinahe alles kalkulieren und kontrollieren, sogar den Zufall.

Erntge kratzt sich oft am Kopf. Trotzdem findet sie gut, über den eigenen Tellerrand hinaus in diese andere Welt zu schielen und die Nischen zu suchen, in der ihre reichlich ineffizienten Ansätze Platz finden. Mit okayen anderen Menschen zusammen entwirft sie Systeme, bastelt an digitalen Schaubildern und Wechselbeziehungen, um den vermittelten Input zu verarbeiten. Dazu lernen ist gut. Viele neue Wörter purzeln aus der Wand. Und wer hätte gedacht, dass das Wasserlaufmodell zwar einen sequenziellen Ansatz hat, jedoch revolvierend funktioniert!

Erkenntnisse, neu.

Monday, October 24th, 2011

– vom Hochbett kann ernt auch im Halbschlaf klettern
– ein Doppelwecker hält doppelbesser
– 6h45 macht Internet noch keinen Spaß
– vor 7 sind 4 Grad in Berlin
– die Hand vor Augen ist dann nicht zu sehen
– Erntge wird nicht zum Automaten
– jedenfalls nicht in the long run.