Archive for the ‘gegenwärts.’ Category

Wahn und Sinn. (n°5)

Sunday, October 20th, 2013

wahn no 5

Im Unterschied zum ähnlich klingenden und völlig überteuerten Parfum, gibts Wahn n°5 in Paris überall für lau. Was Mensch braucht, ist lächerlich wenig: Zeit, offene Augen und die milde Akzeptanz, dass die eigenen Augenringe jeden Tag eine Etage tiefer klettern und am Ende in den Kniekehlen hängen. Erntgo wollte genau das: sich das ganze zerlöcherte Gehirn zustopfen mit den verrücktesten Bildern aus der Stadt der Städte. Hatse alles gekricht. Und noch mehr, denn Erntge war selten allein unterwegs. Hakten sich doch ständig Leute bei ihr unter: grad ankommende, längst angekommene, suchende, hoffende, kämpfende. Allen hörte Erntge zu, einigen verriet sie Geheimnisse und anderen schnitt sie Haare ab. Sogar ein liebes Meerestier schwamm einige Meter mit Erntge. Und als eines Abends Rudelnahrung entstand, die mit Kürbissen und Spekulatius zu tun hatte, da war Erntge fast, als läge ein Hauch Sommer über der Spüle. Ha! Erntge ist nicht doof: genau diesen Hauch hat sie heimlich unter den Nagellack geschmuggelt, der jetzt an ihren Fingern schillert und der die ganze schöne Erinnerung bis mindestens November konserviert.

traum?

Paris ist natürlich unglaublich. Durch die Cité des Sciences fliegen Leute, galoppieren Pferde und geistern spindeldürre Riesen, die zucken. — Les Marais ist ein Viertel so bunt, dass sich Goethes Farbkreis getrost in die Ecke stellen kann. Zum sich ma schämen! — In der Warteschlange zum Grand Palais stößt der angeranzte Klarinettenheinz eine kritische Publikumsdisko an. War Débussy zwischen Romantik und Moderne etwa Rassist? — Über den Metroschächten liegen und hocken nachts Jene, die die Gesellschaft ausgespuckt hat und nicht mehr braucht. — Beim Trotzkisten werden wie immer flammende Reden geschwungen: Erntge kennt sie alle auswendig und ist beruhigt. — Nur mit Zahnbürste und Zeitung zwirbelt es sich schön durch den Norden Frankreichs und Erntge landet morgens um 9 Uhr bei Ken Loach im Provinzkino. — In Paris geben die Anarchisten perfekt durchgestylte Flyer raus und wirken irritierend organisiert. — Und dann fetzt das Indische Viertel am Gare de l’Est so herrlich flüchtig vorbei im Moment des Glücks und der Angst, den Nachtzug zu verpassen. — Den beiden Zwillingsknirpsen, die im Zug in die Hansestadt gleichzeitig in ihre Bananen beißen, erzählt Erntge aber ganz andre Sachen.

lass_dir_ruhig_zeit_mit_abblättern.
Danke.
Danke.

Danke du!
Danke du!

Danke, dass du derart dauerhaft.
Danke, dass du derart dauerhaft?

Dermaßen drastisch dabei!
Hä?

Der Drops!
Der Drops!!

Der Dame dämmert daheim Dauerfrost.
Nu hör aber auf.

Kausalkettenquiz.

Thursday, October 10th, 2013

top_pic.

Seitdem Erntge das Facebook revolutionärer Frauen auf der Couch liegen hat, muss sie andauernd weinende Damen in den Arm nehmen und fühlt sich dabei schuldig. Was soll das. Erntge macht Pause: auf gehts in die Stadt, die Erntge einst so eindringlich hasste und liebte. Die alles versprach, nichts hielt und dafür ganz andre Sachen aus dem Hut zauberte. Ihre Erwartungen schmeißt Erntge spätestens in Metz auf die Gleise und denn ab: Ferien!!

…quel bon souvenir…

Schuhe aus.

Sunday, September 29th, 2013

freiheit nehmen.

Stress ist kein Sport. Ab nach Berlin. Cumbiabums mit Schwitz, fröhliche friends … und dem Tritt ins Pedal folgt immer Kunst. Erntge ist hin und weg und das auch wegen Meret. Die aktuelle Retrospektive ihr zu Ehren im Martin Gropius Bau ist wärmstens empfohlen. (Audioguide mitnehmen!) Erntge hatte vergessen was für ein sexistischer Männerverein die SurrealistEn waren; die reduzierten Frauen auf Musentum oder Sprachlosigkeit oder Wahnsinn. Davon hat sich Meret einsa befreit und ihr eigenes surrealistisches Ding gemacht:

Ohne mich ohnehin ohne Weg kam ich dahin ohne Brot
ohne Atem aber mitnichten mitneffen mit Kaspar
mit Kuchen so rund war er etwas eckig zwar
aber ohne Grasbewuchs mit Narben mit Warzen mit Fingern
mit Stäben mit vielen O’s und wenig W’s
dafür mit ganz enorm wenig viel.
Oh falle du doch in dein Loch oh begrabe dich doch selbst
und deine langatmige Hoffnung
gib deinem Ich einen Tritt deinem Es seinen Lohn
und was von dir übrig bleibt brate wie Fischlein in Öl
du kannst deine Schuhe abstreifen.

(Meret Oppenheim, 1969)

critical whiteness.

Tuesday, September 24th, 2013

Erntge hatte nur am Rande davon gehört. Kannte auch Leute, die sich damit auseinandergesetzt hatten. Doch worum es konkret ging, krichte Erntge irgendwie nicht raus. Präzisen Fragen folgte präzises Stirnrunzeln und die Blicke gingen dann immer so schräg nach links oben ins Weite und alle Sätze begannen dann mit „Naja, …“ oder „Das kannste nicht so leicht…“. Aha!

Also ist Erntge hin. Zum selber kieken. Das Eine-Welt-Landesnetzwerk M-V e.V. organisiert solche critical whiteness Trainings und eines eben letztes Wochenende in der basis.kulturfabrik in Neustrelitz. Im wunderbaren Öko-Hotel verbrachte Erntge ein verstörendes Wochenende. Und auch jetzt noch kocht in Erntges Kleinhirn eine grüne, irre relevante Suppe aus Emotionen und angestoßenen Denkprozessen. Mit Blasen ab und zu.

Erntges Glück war eine starke und anspruchsvolle Gruppe. Sie war bunt und schien seit langem daran gewöhnt, Selbst und Umwelt bewusst zu hinterfragen. So passierten viele Aha-Momente grad auch zwischen den Trainingseinheiten: nachts am See, benebelt beim Frühstück oder aufgekratzt auf dem Bett mit Schoki und Wein. Die Trainer schafften durch Humor, Geduld und Authentizität einen sicheren Raum, in dem die Verstörung ungehindert und ohne klaffende Wunden stattfinden konnte.

Und wenn jetzt Erntge jemand fragt, was es denn nu sei, – genau, dann geht Erntges Blick so schräg nach oben links und sie würde sagen: „Ey, das kannste nicht so einfach… da brauchste… guck dir das einfach ma an.“ Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Weißsein und den einhergehenden Privilegien/Unterdrückungen muss bewusst und individuell entschieden werden. Und dauert ewig.

Erntge hat Französisch studiert und nicht gewusst, dass Alexandre Dumas schwarz war. Warum?

Hochseiltanz.

Wednesday, September 18th, 2013

Dass die Taube keine Granate auf dem Hochseil war, wusste wirklich jeder. Seit der Laster vorbeigeschrammt war,  tänzelte sie bedrohlich und machte echt keine gute Figur. Ungelenk tippelte sie wenige Zentimeter und starrte mit weit aufgerissenen Augen nach Laternenmasten oder Gesträuch zum Verschnaufen. Arme Taube!

Da kam die Elster vorbei. „Tach Taubi! Du tippelst ja lustig. Bei mir sieht’s ähnlich aus.” Die Elster schwang sich ganz dicht zur Taube aufs Seil und grätschte drauf los. Ihr elend langer Federschwanz wippte irrwitzig durch die Wolken. „Kssss….“, kicherte da die Taube und ihr Herz wurd ihr ganz leicht.

Da kam der Amselmann vorbei. „Mädels! Habt ihr Spaß?“, frug er und landete atemberaubend präzise bei Taubi und Elster. Tippeltaube war ganz beeindruckt von seinem sportiven Talent und beneidete den Amselmann heimlich um seine Furchtlosigkeit und seine jugendliche Leichtigkeit. Taubi schmiss sich fast weg bei seinen waghalsigen Kunststückchen. Von denen hatte er echt einige drauf.

Da kam der Milan vorbei. Was für ein schöner Vogel! Der Milan klatschte ab mit dem Amselmann und zwinkerte freundlich. „Was macht ihr?“, fragte er. „Wir hängen ab!“, lachte Taubi und freute sich, dass aus ihrem Tippeln schon ein Stapfen geworden war. Jawoll! Die Elster lachte mit.

Da kam der Paradiesvogel vorbei. „He ihr, kiekt, das sind meine Freunde: Drossel, Specht und Meise. Können wir euch unsre Choreo zeigen? Die is ganz frisch!“ Taubi schluckte, als sie die Vogelbande beim Formationsflug beobachtete. Es war atemberaubend. Der Elster flüsterte Taubi ins Ohr: „Krass, wie schön die sind!“ Die Elster sah Taubi lange an und nickte.

Einen ganzen Abend tanzten die Buntvögel zusammen auf dem Hochseil. Welches Glück, welche Wonne! Fast wurde Taubi übermütig und schlug ausgelassen mit ihren Flügeln. Sie fühlte sich schön.

Nachts dann, als Taubi überhaupt nicht mehr konnte und ihre Füße so zitterten und ihre Flügel schon ganz leer waren, rückte sie ganz dicht an den schönen Milan. Der flüsterte ihr Sachen ins Ohr, die Taubi nie wieder vergessen wollte.

Am nächsten Morgen ging alles schwer. Paradiesvogel, Drossel, Specht und Meise waren weg. Der Amselmann erwachte und nickte zum Abschied. Der Milan dann, der schöne, zwinkerte Taubi zu: „Mach’s gut, du verrückter Vogel, nur Mut!“ Die Taube schaute ihm noch lange nach.

Zurück auf dem Hochseil blieben Taube und Elster. „Wie nett das war!“, sagte die Elster und ordnete ihr Gefieder. Die Taube, die des nachts irgendeinen Kloß verschluckt haben musste, räusperte sich mehrmals und krächzte: „Schade, dass alle weg sind.“ Als die Elster meinte, sie müsse auch los, wurde der Taube  ganz bang. Wie ging das noch mit den Flügeln? Schreiten? Wie war das noch? Woran sie sich erinnerte war: ein leichtes Herz braucht, wer auf dem Hochseil tanzen will.

at.tension #5.

Monday, September 9th, 2013

entspannt.

Ok! Herbst, Hagel, Dominostein und Apothekenrundschau… kann alles kommen. Erntge ist bereit, das ab jetzt brav und gelassen zu ertragen. Alles, was sich Erntge vorher gewünscht hat, fand statt. In drei Tagen, hier, und zwar unter Vicentes altem Hut. Der schirmte nach außen ab vor Nervenverlust (zB. durch intensive Sonneneinstrahlung, Paranoia o.Ä.) und sammelte tausend bunte Bilder drunter. Krasse Bilder, schöne Bilder und welche, die Erntge sich selber nicht glaubt. Welche von fötenkackenden Anarcho-Clowns und welche von unfassbar schönen Menschen, die sich und alle Wörter lieben – und dabei ihre Körper biegen.

Erntge kriegt das alles nicht mehr zusammen. Zwischen Bühne, Zelt und Badesee schlief sie wenig und träumte viel. Klatschte munter mit ihren Grenzen ab und lachte so viel sie konnte. Selige Mattigkeit nun und die wertvolle Einsicht, dass Liebe nichts Exklusives hat.

spannend.
… Bei wem bedankt man sich nach so einem Wochenende?

Ansage.

Wednesday, September 4th, 2013

pause.
Er brüllte sehr laut: „Zuuuuuviel Teeeeeer!“ Rotblaue Adern rammten sich aus seiner Stirn und die pulsierten beängstigend. „Keinen Tropfen! Klar?!“ (Erntge fragte erst gar nicht nach den edlen… das hätte ihn komplett aus der Fassung gebracht.) „Du pennst jetzt ordentlich und hältst dich von den steifen Brisen fern, ver-stan-den!!!“ (Spucketropfen unterm Auge.) (Erntge benutzte den Ärmel.) „Sind wir aufm Jahrmarkt oder was! Alles scheppert hier durch wie in der Achterbahn… nu is Schlusssss!!!“

Erntge nickte ihrem Körper artig zu und schlief zwei Tage durch.

Puste oder Baldrian.

Friday, August 30th, 2013

was hat sie nur wieder.

Erntge konnte sich einfach nicht setzen. Nicht im Hafenbecken, als es drin bosporesk spraddelte und auch nicht im Rügener Reihenhaus, als dort drei Brillenträger Antennen aus dem Fenster hielten. Und schon gar nicht beim Frühstückslachs mit der Edelfrau, die sagte, Erntge sei wie Wikipedia. („Nur nicht so schlau.“) Zippel zappel zippel zappel … bang!

Erntgo zwang sich also und schnallte sich am Sofa fest. Die Striemen an den Handgelenken wiesen Erntge den Weg zum angehenden Tatortkommissar. Den verhörte Erntge fachlich, sachlich und wurde nicht schlau.

Ein Telegramm wär gut! Eins, auf dem die abschließende Bestzeit oder wenigstens der Name des Gegners steht, gegen den Erntge seit Wochen wettzulaufen scheint. Von dem es kein Gesicht gibt.

Immer diese Momente!

Thursday, August 22nd, 2013

Nach Sonnenuntergang und der gruseligsten aller Gruselgeschichten passiert auf dem Wassertretboot Trampi das Unfassbare: Der schöne Herr brettert atemlos durch Feuerquallen, Sabinen und Sibyllen ans Ziel, das er mit dem gemeinen Brotdosengefährt erreicht. (Wie er sich unter Wasser die Kippe angezündet gekricht hat, weiß Erntge bis heute nicht.) Kurz darauf zieht das Steintor die Süßholzraspel aus der linken hinteren Hosentasche und macht der regenbogenreitenden Lady Komplimente. Der gefällt das natürlich und wie bescheuert post sie mit ihrem Colt. Und ballert dabei vergnügt in die Luft. Und Erntge denkt sich: Herrje! Und ist glücklich und traurig gleichzeitig.

Rekord.

Friday, August 16th, 2013


Ey! Seitlich rückwärts einparken in 19 Zügen!!! …. Das muss Erntge ersma einer nachmachen.