Durchs wartende Publikum rasseln kleine Paradiesvögel in Buntlumpen. Im gleichen Augenblick flattern vom Rang zahllose Flugblätter mit Kurzbotschaften runter ins Foyer: … für’s Klima!, … für den Müll!, … für keine Geschwister! Dazu wird von oben ein Plakat entrollt: Danke liebe Eltern!
So startet die Präsentation des ersten Kunstlabors. Sie dauert bisschen über 2 Stunden und zeigt, wie das Volkstheater letzte Woche zum Spielplatz für Künstler, Kinder und Theaterpädagogen wurde. Weil die meiste Energie auf den Prozess und nicht unbedingt auf’s perfekte Endprodukt verwand wurde, blieb die Abschlussvorstellung in erster Linie Vorstellung: ein Einblick, ein Eindruck. Ein großer Spaß.
Neben der fetzigen Fashion-Show (wenns keine Rohstoffe mehr gibt, wird recycelt), war eine futuristische Stadt entstanden, dazu ein Theaterstück, diverse grandiose Kurzfilme und unser Hörspiel. Über die Bühne piepten selbstgebastelte Roboter und dann wurde noch live ein future-sound Klangteppich gewebt und auf persisch gerappt, jawoll.
Offizielles Schultergeklopfe und Händegeschüttel und hier! noch Sektchen und mal kurz die Katastrophe der Finanzierung vergessen. Und dass das ganze Projekt auf den sehr prekären Schultern ganz weniger lag. Dass kein einziger Theaterpädagoge bezahlt wurde. Dass selbst die Plastetrinkbecher in der Kantine nur geborgt waren. Hauptsache es fand statt! Was war noch mal der Sinn von Schirmherrschaften? – Weiß die Tante von der Zeitung auch nicht.
Das Land braucht viel mehr Projekte wie das Kunstlabor: Horizonte aufknipsen, sich gemeinsam was erarbeiten, zusammen rumspinnen, andere Kinder treffen. (Zum Beispiel welche, die grad aus ihrem Land geflüchtet sind.) (Oder welche, die keinen Gameboy haben, sich aber zusammen mit Mutti vor Papa verstecken.) Zusammen über die Zukunft nachdenken, sich den Synthesizer vom Profi erklären lassen, Dinge dürfen, ernst genommen werden.
Erntge ist sehr glücklich und stolz. – Trotz frühen Aufstehens in den Ferien! – Hat großartige Menschen und Momente erlebt und viel gelernt. Freut sich immer noch über diese sehr spezielle Welt des Theaters mit ihrem schönen Schein und den tausend Winkeln und Falltüren und den crazy people, die drin arbeiten. (Immer ein freier Sitzplatz zwischen zwei Stühlen!)
Ja und wie war’s denn nu mit Hans! Na toll war’s! Toptyp! Der ist dicht dran, gerade heraus, lustig* und total herzlich. Auch die Kids waren hin und weg und Erntge kann nur ahnen, was sie wirklich gedacht haben, wenn er Sprüche mit „gleich Zunge rausschneiden, wenn nich leise!“ gebracht hat, kssss.
Die Show gestohlen hat ihm Herrmann. Und zwar aufgrund unfassbarer Knuffigkeit. Unverschämt. Halbe Weihnachtsmänner zwischen den Hasenzähnchen, Spitzenideen im Kopf, grenzenloses Vertrauen** und so ein (selbst-) kritisches Blinzeln beim Nachdenken… wer kann sich dagegen wehren? Erntge jedenfalls nich. Deshalb ist Erntge zu haben, auch nächstes Jahr, auch ohne Geld.
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* „Unser Wirbelsturm braucht ’n tiefen Ton! Der’s noch zu mickrig! Wie wär’s mit auf’n Tisch haun? – Nä. Wie wär’s mit alle laut trampeln? – Nä. Wie wärs’n mip’m Bass, Hans?“ – „Bass? Ihr braucht n Bass? Na da binick doch euer Mann! Könnta ham!“
** „Nee, das geht aber nicht in der Geschichte! Das kann kein Ballerspiel sein, die sind doch erst ab 16. Und wir sind 9.“