Bei den dicken Privaten.


… blinkt überall was und im metallenen Konferenzraum laufen CNN und N24 und BBC gleichzeitig aus der Schrankwand. Da kommunizieren selbst die Zitronenscheiben in der Wasserkaraffe Motivation und die Bereitschaft sich für was Besseres und Strahlendes einzusetzen. Erntge wollte sich nicht von Zitronenscheiben einschüchtern lassen und hat versucht zu lächeln.

Leute, es geht um Geld!! Erntge kennt 14 Wörter für Gewinn*, aber richtig aufm Schirm hat sie nicht, was eigentlich alles dahinter steht. Jetzt denkt Erntge, dass es vor allem um schnell, um pragmatisch, um praktisch geht und dass alle immer auf zackizacki sein müssen.

Erntge hat sich verkleidet und das Spiel mitgespielt, wer dem Gegenüber länger überzeugt in die Augen gucken schafft. Ihre Gesprächspartnerin, eine junge topmodellige und hochglänzende Businessrakete aus dem Club der schönen Mütter, hatte sehr blaue Augen. Die schien sie allerdings intern verhangen zu haben: raus kam nix, reingesogen hat sie aber jedes nonverbale Detail von Erntge.

Über viele Sachen denkt Erntge jetzt nach. Wieso die Businessrakete sie nie ausreden lassen hat zum Beispiel. Und warum sie Erntge so schnell die graue Papiertüte über den Kopf gestülpt hat, wo „gähn“, „weltfremd“ und „vergeistigt“ drauf steht. Fängt intellektuell bei den Privatheinzen denn tatsächlich schon beim OFAJ an?

Gestern hatte der eine von den beiden lustigen Franzosen, für die Erntge grad arbeitet, lange vom „choix de vie“ gesprochen, einem Weg, für den man sich irgendwann bewusst entscheidet. Und lieber als das heutige Vormittagsprogramm hat Erntge natürlich das heutige Nachmittagsprogramm. Lässig per Fahrrad und in normal gekleidet geht’s nämlich zum Helmholtzplatz, wo unverkrampft telefoniert und koordiniert wird und wo immer Zeit für Kaffee und Schnack auf Französisch bleibt.

– Geld gib’s dafür allerdings nicht.

*Profit, Umsatz, Einkommen, Erlös, Ertrag, Nutzen, Plus, Verdienst, Ausbeute, Einnahmen, Geschäft, Kapitaleinkünfte, Reibach, Reinerlös.

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