Fahrtwind.

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Erntge hatte es sich so gewünscht und dann ist es auch genau so passiert: An die dröge, quietschende Haustür klopfte endlich das Unterwegs. Es lachte so schallend, dass beinahe der Türrahmen aus den Angeln flog. Wir klatschten verzückt in die Hände, verjüngt fast, und hakten uns unter. Für satte zwei Wochen Jetzt am Stück.

Wir erwachten an Orten, an denen immer tosend Wellen gegen Felsen schlugen und manchmal, wenn mit der Morgensonne der Kaffeeduft so in den Schlafsack kroch, konnte Erntge ein kleines fröhliches Glück erkennen, das verwegen um die Ecken des Verpflegungsgebirges flitzte. Zwischen unseren Klamottenbergen und Wänden aus Schmutzgeschirr und Zeitungen tanzte es. (Einmal sogar Polka.)

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In Frankreich traf Erntge auf lauter heitere und bekannte Gesichter. Manche haben sich Fältchen erkämpft, andere werden größer. (Eins war ganz neu und lächelte, als wäre es schon immer dagewesen.) Die Stadt mit der uralten Schatzkiste wirkte seltsam satt und bequem. Erntge besorgte sich den eisernen Schlüssel und wagte den Blick in ihr altes Leben, das so verjährt ist, wie kein Mord. Als das erwartete Herzklopfen ausblieb, sprang das Unterwegs scheppernd auf, hob an zu lauthalsem Kraftgesang und schüttelte uns durch.

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3600 Kilometer später denkt Erntge wieder an Michel Houellebecq und dieses Drama namens Calais und an Mauern in Ungarn und daran, dass jeder Mensch einen Gehirn-Aus-Schalter braucht. Erntges muss erst wieder in 2 Wochen angeknipst werden. Solange soll Baden und Leute und Sommer sein. Und vorher noch Ankommen.

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