„Was ist das für ein dunkler Kasten im Flur?“ Zylinderella war in die Küche geweht und versprühte Bakterien. Ein feuchter Film lag ihr auf Nase und Augen. „Und hä? Trinkst du Schnaps?“ Binoche hob die Hand zum Gruß, Umarmungen wollte sie heute vermeiden. „Das ist meine Jacke, ich hab sie ausgezogen und erstmal in den Flur gestellt. Stört die dich da?“
Zylinderella schniefte und setzte sich. „Sieht aus wie n Panzer. Was hast du da alles drin!“ Binoche tippte auf die Flasche und sah die Mitbewohnerin fragend an. Zylinderella nickte und leierte sich ihren Schal vom Hals. Fast bedauerte Binoche, dass Zylinderella das herrliche Aroma des Williams Christ nicht mitbekam. Sie sagte: „Da ist alles drin zum alles richtig machen.“
„In den Außentaschen sind 29 kleine Steintafeln. Da sind die Regeln drauf eingemeißelt.“ – „Wie schwer?“ – „Keine Ahnung, eine so 600 Gramm, 700?“ „Kannst du die nicht auswendig?“ – „Doch, aber manchmal muss ich sie schmeißen.“ – „Schon mal eine kaputt gegangen?“ – „Andauernd. Nervt.“ – „Was noch!“ – „Na hier, Ersatzstimmbänder, Sanitasche und in der linken Innentasche ist die Knarre drin.“ Zylinderella hustete. „Du schießt?“ – „Im E-Fall. Wenn einer Rot sieht, dann schieß ich dem zwischen die Augen.“ Zylinderella goß sich stumm einen Zweiten ein.
„In der rechten Innentasche sind die ganzen Buchstaben. Ich verlier manchmal welche, vielleicht ist da n Loch drin.“ – „Du kannst doch improvisieren.“ – „Ja. Aber umso mehr Chaos, umso mehr Steintafeln krieg ich zugeschoben.“ – „Kack.“ – „Ja.“
Zylinderella hatte ihren Arm um Binoche gelegt und so saßen sie auf dem Küchensofa. Binoche tat diese Nähe gut. Der Obstler hatte sie entspannt und eine Wärme ins Innen gezaubert. „Ich kann mich in dem Teil nur total schwer bewegen, das ist blöd.“ Zylinderella sagte: „Is aber kugelsicher, oder?“ Binoche nickte: „Nu stehtse jedenfalls erstmal im Flur. Ich ziehse die nächsten Tage nich an.“ – „Tolli!“ – „Ja!“ Binoche lächelte in den Kerzenschein: „Die nächsten Tage mach ich alles falsch, kannste wissen.“