Revolution im Heu.

donatii_fanfest_2014
HA! Zwei haben sich dann doch getraut und wurden in Rumänien drei. Mit Gretbert im Gepäck ging es nach Cluj (nicht Napoca), wo wir zunächst viel Zeit für excessive lazyness und Wiedersehensfreuden mit Konrad auf dem Balkon hatten. Unser eigentliches Ziel war jedoch Rosia Montana. In diesem kleinen Bergdorf (etwa 150km südwestlich von Cluj, per Bus easy in nur 3,5 Stunden zu erreichen), findet seit 10 Jahren das Fanfest statt, ein Protestfest gegen den Goldabbau in der Region. Es ist ein buntes Festival mitten auf dem Berg, umgeben von Wald und Wolken. Den Weg hinauf teilt mensch sich mit Kuh und Hund und ein großes Abenteuer ist der Abstieg nachts mit Stirnlampe im Modder.

wochenende
Wir waren übrigens die ersten! Als wir Montag abend unser Zelt beim Bauern aufgeschlagen hatten, war auf dem Festivalgelände so tote Hose, dass es fast ein bisschen Angst machte. Wir Konsumkinder! Zum Glück war schnell klar, dass es sich ohne Essen und Bier nicht gleich stirbt und wie gut auch, den Aufbau mitzuerleben: täglich hingen mehr Plakate, standen mehr Zelte, wummerten mehr Bässe und juhu: endlich gabs auch Essen und Bier!! So viel gabs zu glotzen, zu dänzen und zu schnattern! Kinokonzerte, Theater (Circus mundi), jede Menge Filme, Vorträge, Workshops und Musik. Wir tummelten uns viel in der Lounge, wo es vor allem Dub und Electro wummerte. Vor der Hauptbühne übten wir vor allem freihändig Sonnenblumenkerne essen.

fan
Wir haben mindestens 24 der anwesenden MusikerInnen kennengelernt. Darunter alle von amfifanfare, eine Balkantruppe aus… Nantes! Klaro war auch einer drunter, der an der Uni Deutsch studierte, so konnten wir nachts im Vollrausch über die alten KollegInnen herziehen und kleine analoge Nachrichten schreiben, die vielleicht bald jemanden in Nantes sehr überraschen werden. 🙂 Es war großartig, endlich wieder Französisch zu sprechen, naja, viel war gelallt, aber trotzdem!

markt

Das mit der Mine ist übrigens gar nicht so einfach. Seit 2000 versucht die Rosia Montana Gold Corporation (RMGC) eine open pit Goldmine zu bauen und holzt dafür den Tansylvanischen Urwald ab (insgesamt 2.388 Hektar). 4 Berge sollen dafür draufgehen und Unmengen an Erzen und Zyanid (250 Mio Tonnen toxischer Abfall) landen so in Wasser und Boden. (Baia Mare lässt grüßen!) 2010 hat das Europäische Parlament die Nutzung von Zyanid in der EU verboten. Die Europäische Komission hält sich aber nicht dran. Hinzu kommt dieses bescheuerte mining law, das Privatunternehmen (und eben nicht dem Rumänischen Staat) erlaubt, Besitzlizenzen zu kaufen. Alles Mist!

antifa

Auf dem zentralen Dorfplatz in Rosia steht genau neben dem Fanfest-Infopoint die einzige Kneipe. Dort sitzen die Dorfalten in Lumpen und trinken ab 10 Palinka. Über der Tür hängt ein Schild. Da steht drauf: “Wir wollen arbeiten”. Die zahnlosen Alten haben diese Hippies satt, die dort jedes Jahr aufschlagen und lärmen: die Mine bedeutet für sie Arbeit und Sicherheit, sie haben Familien zu ernähren. Für Gedanken an Nachhaltigkeit ist in ihren Köpfen kein Platz. Ihre Blicke sprechen Bände, die Zeit des Dialogs scheint vorbei oder war nie da. Ich kann auch kein Rumänisch…

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Großes Herzklopfen gab es dann noch auf dem Rückweg nach Cluj. Es passierte das, was wir so gern vermieden hätten: Gretl und ich landeten in der Pampa: links die schummrige Dorfjugend, rechts die zahnlose Alte, (die unbedingt Blond küssen und grabschen wollte), vorne vorbeipesende Autos, hinten kaputte Hunde. UND DANN die Ansage, dass es heute KEINEN Bus gäbe. Huah! Was hätte Herta Müller getan? O.k., also wieder Daumen hoch und hoffen. Und was soll ich euch sagen: allt tollstens geklappt! Als im nächstgrößeren Ort sogar ein Bus bereitstand, war das wie Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig und hach, eigentlich brauchen wir solche Momente viel häufiger. Sich ernsthaft freuen über das, was uns sonst so selbstverständlich ist.

theater

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