Im Unterschied zum ähnlich klingenden und völlig überteuerten Parfum, gibts Wahn n°5 in Paris überall für lau. Was Mensch braucht, ist lächerlich wenig: Zeit, offene Augen und die milde Akzeptanz, dass die eigenen Augenringe jeden Tag eine Etage tiefer klettern und am Ende in den Kniekehlen hängen. Erntgo wollte genau das: sich das ganze zerlöcherte Gehirn zustopfen mit den verrücktesten Bildern aus der Stadt der Städte. Hatse alles gekricht. Und noch mehr, denn Erntge war selten allein unterwegs. Hakten sich doch ständig Leute bei ihr unter: grad ankommende, längst angekommene, suchende, hoffende, kämpfende. Allen hörte Erntge zu, einigen verriet sie Geheimnisse und anderen schnitt sie Haare ab. Sogar ein liebes Meerestier schwamm einige Meter mit Erntge. Und als eines Abends Rudelnahrung entstand, die mit Kürbissen und Spekulatius zu tun hatte, da war Erntge fast, als läge ein Hauch Sommer über der Spüle. Ha! Erntge ist nicht doof: genau diesen Hauch hat sie heimlich unter den Nagellack geschmuggelt, der jetzt an ihren Fingern schillert und der die ganze schöne Erinnerung bis mindestens November konserviert.
Paris ist natürlich unglaublich. Durch die Cité des Sciences fliegen Leute, galoppieren Pferde und geistern spindeldürre Riesen, die zucken. — Les Marais ist ein Viertel so bunt, dass sich Goethes Farbkreis getrost in die Ecke stellen kann. Zum sich ma schämen! — In der Warteschlange zum Grand Palais stößt der angeranzte Klarinettenheinz eine kritische Publikumsdisko an. War Débussy zwischen Romantik und Moderne etwa Rassist? — Über den Metroschächten liegen und hocken nachts Jene, die die Gesellschaft ausgespuckt hat und nicht mehr braucht. — Beim Trotzkisten werden wie immer flammende Reden geschwungen: Erntge kennt sie alle auswendig und ist beruhigt. — Nur mit Zahnbürste und Zeitung zwirbelt es sich schön durch den Norden Frankreichs und Erntge landet morgens um 9 Uhr bei Ken Loach im Provinzkino. — In Paris geben die Anarchisten perfekt durchgestylte Flyer raus und wirken irritierend organisiert. — Und dann fetzt das Indische Viertel am Gare de l’Est so herrlich flüchtig vorbei im Moment des Glücks und der Angst, den Nachtzug zu verpassen. — Den beiden Zwillingsknirpsen, die im Zug in die Hansestadt gleichzeitig in ihre Bananen beißen, erzählt Erntge aber ganz andre Sachen.
Danke.
Danke.
Danke du!
Danke du!
Danke, dass du derart dauerhaft.
Danke, dass du derart dauerhaft?
Dermaßen drastisch dabei!
Hä?
Der Drops!
Der Drops!!
Der Dame dämmert daheim Dauerfrost.
Nu hör aber auf.