Zoo international.


Vielleicht bin ich nicht gemacht für die 40-Stunden-Woche. Ganz sicher bin ich nicht gemacht für die 40-Stunden-Woche in Paris.

Bereits vor den Toren der Stadt bekommt jeder Besucher obligatorisch ein oberirdisches Brüllgefährt zugeteilt (Brüllmoped, Stinkelaster, Sirenenfeuerwehr, Furzbus), das einen dann den gesamten Aufenthalt lang bei allen Zufußgängen durch die Stadt begleitet, also vor allem direkt nebenan stinkt und brüllt. Das ist ein kostenloser Service der Stadt Paris, da sind alle mächtig stolz drauf und insbesondere die Touristen nehmen mit, was sie kriegen können. Mit Brüllgefährterwerb gibt es außerdem einen Bon für 0,2% Rabatt auf Lungenaustausch nach dem Parisaufenthalt. Einlösbar in diversen Schönheitskliniken in der Schweiz und den Niederlanden.

Durch Hupterror, Ruß- und Abgaswahn, Hetzerei und Qietschetram muss wer zur Metro will. (Muss.) Der Brüllgefährtservice gilt hier nicht. Dafür hält der Metrotransport ein anderes frisches Angebot bereit: Reizüberflutung und Grenzerfahrung.

Vor der Metro: alle Farben, alle Gerüche, alle Temperaturen, Luft die steht, Luft die zieht, alle Zahlen, alle Buchstaben, jeweils in allen Kombinationen, alles. Werbung.

In der Metro: Tiere. Die brüllen, zittern, balzen, fressen, pissen, scheißen, schlafen, kotzen und lecken ihre Wunden. Im Dreck. Ihr stumpfes oder glänzendes Fell, je nachdem was sie fressen: Pedigree oder andere Tiere. Eingepfercht quillen Fleischwülste aus Krallenschuhen, klebrig-triefende Haare hängen ab, Grunzen und Schnattern und Verwesung. In Paris brüllen die Maschinen, die Tiere sind stumm geworden, ihre Triebe – schon lange wegtherapiert von anderen Tieren. Die Weibchen, die noch hoffen, übertreiben mit Riemchen, Schleifchen, Pünktchen, übertünchten Gesichtern. Der Geruch, den sie ausstoßen, ist unerträglich und macht alle anderen Tiere aggressiv.

Wer eine Pause braucht vom Zoo international, (es soll schon vorgekommen sein, dass bei Touristen, vor allem aus der Provinz, Anpassungsprobleme an den Rhythmus der Stadt aufgetreten sind), kann sich an ausgewählten Orten der Stadt in eines der reizenden Relax-Center begeben. Für 4500€ kann man in einer kleinen Zelle stehend sieben Minuten lang eine Entspannungsmusik hören. In Endlosschleife läuft dort Deep Purples „Child in time“. In der Live-Version, versteht sich.

2 Responses to “Zoo international.”

  1. krista says:

    toller text! paris ist ja doch für was gut!

  2. erntge says:

    danke fürs kompliment. wie hast du es damals nur da ausgehalten? mir is das sehr unklar.

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