Schöne Bilder, schöne Titel.


Und schöne Übersetzungsprobleme! Weil doch jedes Bild (und jede Kunst) einen Titel braucht („Ohne Titel“ ist auch ein Titel), damit es in den Ausstellungskatalogen dieser Welt schubladisiert, nummeriert, eben katalogisiert werden kann, und zwar in allen Sprachen, ergeben sich mitunter Probleme, die wir uns selten klar machen. Das ist wie mit Heinzens Erhards Osterhasen, der zu klein ist und deswegen im Fahrstuhl nicht an den 12. Stock-Schalter kommt. – Wer nicht an den Osterhasen glaubt, kennt auch nicht dessen Probleme.

Aber zurück zur Kausalkette, die noch keine ist, aber auf gutem Wege. Dieses schöne Bild hat Erntge aus dem Museum mitgenommen. Wenn ihr alles zu seltsam wird, zieht es sie nämlich manchmal zu den Surrealisten. Und im Museum Berggruen und parallel in der Sammlung Scharf-Gerstenberg, hat sich ein kluger Kopf folgendes ausgedacht und umgesetzt: surrealistische Werke werden mit Fotografien des ungarischen Künstlers Brassaï kombiniert. Der kannte sie nämlich alle, Matisse, Picasso, Klee. Und fotografierte sie während der Arbeit, zu Hause, im Garten. Was nun klug ist an der Kombination des Kunstwerks mit der Dokumentation eines Ausschnitts der Lebenswelt des Künstlers? Auf diese Weise wird der Bezug zur Realität möglich und eine weitere Deutungsebene eröffnet sich. Picassos Frauenkopf (Tête de femme) von 1906 (a) steht losgelöst von Zeit und Raum für sich und spricht uns an … oder auch nicht. Das Bild aber in seinem authentischen Kontext zu sehen, aufgereiht zwischen anderen Versionen desselben Motivs in Picassos Atelier (b), zwischen Malerwerkzeug und allerlei Utensil, verdeutlicht das Prozesshafte, die Tatsache, dass Kunst eben auch Arbeit ist und lässt zusätzlich Reflexionen über Abhängigkeiten von Kunst und Markt zu.

a) Pablo Picasso, Frauenkopf, 1906, Holzschnitt auf Papier, Kat. Nr. 8

b) Brassaï, Picassos Atelier in der Rue de la Boétie mit seinem Frauenkopf von 1906, 1932, Silbergelatine-Print, – Estate Brassaï, Paris

Blabla, aber was jetz mit der Kausalkette! Ja. Also bei diesem schönen Bild oben, das Erntge aus dem Museum mitgenommen hat und das den netten Mitmenschen in der Bushaltestelle zeigt, mit dem sich sicher jeder leicht identifizieren kann, denn der wartet vielleicht auf den Bus oder Godot oder besseres Wetter oder einen Job oder die große Liebe oder sonstwas Naheliegendes… jedenfalls. Handelt es sich um eine Illustrationsvorlage zu Hans Arps „Weißt du schwarzt du.“ „Weißt du schwarzt du“!!! Hallo!! Erntgo klatscht verzückt in die Hände. An Schönheit und Wahrheit ist dieser Titel nicht einmal vom tollsten Restaurantnamen der Welt (La muse gueule, Sredzkistraße 14) übertreffbar. Ehrlich. Und jetzt schließt sich der Kreis. Schönes Bild, schöner Titel, schönes Übersetzungsproblem. Weil, wie übersetzt man so was! Die engagierten Versuche können sich auf den Kopf stellen und bleiben doch ganz weit entfernt von dem, was gemeint sein kann. Auf dem Titeltäfelchen steht: White/know you, black you und Tu blanchis (tu sais), tu noircis. Wie traurig! Wie schlimm! Wie… kann Erntge gar nicht sagen. Deswegen: ein Hoch. Ein Prosit. Auf was Sprache kann und was nicht. Und auf’s Erforschen des Dazwischen.

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