Eau Boy.

Und da war diese Stadt. Und da war ein Mann und eine Frau. Und auf der Veranda saßen der Mann und die Frau und lachten. Lachten wegen des prallen Kugelbauchs der Frau. Auf den guckten sie und staunten, wann er denn platzen würde. So prall war der Kugelbauch. Grad so als würde er tatsächlich jeden Moment platzen!
Und dann war da der Moment. Floss es nämlich plötzlich hervor unter dem Rock der Frau. Plätscherte erst und rauschte dann und auf dem Weg bis zum Krankenhaus stand schon die halbe Stadt unter Wasser.
Eau Boy war ein zurückhaltendes Kind. Er verschlief seine Kindheit im Gartenbassin und mied überhaupt bald alle Innenräume, entstanden doch überall und sofort, wo er nur saß oder lag oder stand, Pfützen oder Wasserlachen, je nachdem wie lange er blieb.
Eau Boy gewöhnte sich also ans Alleinsein. Er beobachtete seine Lehrerin vom Schulhof aus und war auch nicht traurig, eben nicht oben mit den anderen in der Klasse sitzen zu dürfen. Nur dass seine Liebesbriefe an das Mädchen mit den Sommersprossen nie von Dauer waren, so oft er sie auch schrieb, das fand er ein bisschen traurig. Tinte kennt eben nicht immer Erbarmen.
Das Mädchen mit den Sommersprossen war jedoch sehr geduldig. Einmal setzte es sich zu Eau Boy auf die Treppe. Doch als sie küssten, machte das Mädchen mit den Sommersprossen ein sehr gequältes Gesicht und es fing an, Wasser zu husten und zu prusten. Und dann kam auch schon der Krankenwagen.
Eau Boy vergaß das Mädchen mit den Sommersprossen und fand eine Arbeit an der Tankstelle. So wusch er Autos tagein und tagaus. Bis zu jenem Tag, als er das Auto des Mädchens mit dem Wind im Haar wusch. Das Mädchen mit dem Wind im Haar sah Eau Boy lange an. Und reichte ihm schließlich einen Zettel heraus, den es in wasserfeste Folie eingepackt hatte. Auf diesem Zettel standen Buchstaben und Zahlen. Es war die Adresse des Mädchens mit dem Wind im Haar.
Als Eau Boy genug überlegt hatte, machte er sich auf den Weg zu dem Mädchen mit dem Wind im Haar. Es wohnte auf einem Berg und Eau Boy musste lange marschieren. Je mehr er sich dem Haus auf dem Berg näherte, umso windiger wurde es. Er spürte den lauen Wind auf den Beinen, auf den Armen und im Nacken. Das war ganz wunderbar und als er endlich oben war, bemerkte er, dass seine Hose, sein Hemd und seine Haare getrocknet waren. Die Tür stand offen. Eau Boy trat ein und setzte sich zu dem Mädchen mit dem Wind im Haar.

Woher ich das alles weiß? Na, ich war heute abend beim Kino’ Kabaret Nantes im TNT. Da gab’s Kurzfilme, gedreht in 48 Stunden. Und Musik gab’s auch. Und ich mag Ausgehen in Nantes, weil man hier so oft ganz selig heimfährt, nach einem wunderbaren Abend.

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